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Mit Bibel und Koran vor der UNO.

Foto: Reuters/Segar

Statt seiner üblichen Attacken präsentierte Mahmud Ahmadi-Nejad der Uno-Generalversammlung in diesem Jahr seine eigenen Theorien über die Terroranschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001.

Die Sache mit den Flugzeugentführern, führte der iranische Präsident am späten Donnerstagnachmittag vor dem Plenum aus, glaubten hauptsächlich US-Vertreter. Die "Mehrheit der Amerikaner und die meisten Nationen" seien allerdings der Ansicht, dass Teile der US-Regierung die Anschläge selbst organisiert hätten - um der US-Wirtschaft zu helfen, den Einfluss im Nahen Osten aufrecht zu erhalten und "das zionistische Regime" zu retten; die einzige Anspielung auf Israel. Grund genug für die US-Vertreter, den Saal zu verlassen.

Zu einer Attacke auf Israel hatte der notorische Holocaust-Leugner Ahmadi-Nejad im Vorfeld seiner Rede angesetzt: Der israelische Premier Benjamin Netanjahu sei "ein Profi-Killer", verkündete er in einem CNN-Interview. Netanjahu müsse wegen der Ermordung "von Frauen und Kindern" vor Gericht gestellt werden.

Österreichs Vertreter in New York hatten schon davor angekündigt, während der Rede nicht anwesend sein zu wollen. Zeitgleich zu Ahmadi-Nejads Auftritt in der Vollversammlung tagte der Uno-Sicherheitsrat unter der Leitung des türkischen Präsidenten Abdullah Gül, auch Bundespräsident Heinz Fischer nahm teil.

"Tugendhafte Menschen"

Den Großteil seiner allgemein als schwer verständlich empfundenen Rede widmete das iranische Staatsoberhaupt "Wahrheit und Gerechtigkeit", der Ungerechtigkeit der Weltordnung und dem Glauben zu Gott. Die Welt müsse "von tugendhaften Menschen" wie den "göttlichen Propheten" regiert werden.

Zum Atomstreit soviel: der Iran sei immer zum Dialog bereit gewesen. Ein mit Brasilien und der Türkei ausgearbeiteter Vorschlag für ein Uran-Abkommen mit Teheran sei "noch gültig". Nuklearenergie nannte er ein "Geschenk des Himmels".

Hunderte Gegner des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad hatten sich bereits um die Mittagszeit am Donnerstag auf dem Dag-Hammerskjöld-Platz nahe des UN-Gebäudes versammelt. "Nieder mit Ahmadi-Nejad" und "Stoppt Steinigungen" stand auf den Plakaten, Hinrichtungen wurden simuliert.

Stargast der Proteste ist der Ex-US-Botschafter bei den Vereinten Nationen und Uno-Gegner, John Bolton. Dass Leute wie der iranische Präsident vor der Vollversammlung sprechen dürften, konstatiert Bolton, sei ein Grund für den Verlust der moralischen Autorität der Uno. Die ausgestreckte Hand von US-Präsident Barack Obama lehnt der frühere Scharfmacher unter Präsident George W. Bushs ab. Die einzig richtige Strategie gegen diese "militärische Diktatur", diesen "Zentralbanker des Terrorismus" sei es, "das Regime zu stürzen - je schneller desto besser" .

Bei einem Treffen der fünf Veto-Mächte und Deutschlands am Rande der Generalversammlung am Mittwoch (Ortszeit) zum Atomstreit drängten sie den Iran erneut, einer weiteren Verhandlungsrunde zuzustimmen und zu beweisen, dass das iranische Atomprogramm friedlich sei.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte im Vorfeld in einem Interview mit Worten aufhorchen lassen, die wie ein Aufruf zum Sturz des Regimes klangen. Der Iran drifte in Richtung Autoritarismus, viele Iraner seien enttäuscht. "Ich kann nur hoffen, dass es Bemühungen innerhalb des Regimes von verantwortungsvollen zivilen und religiösen Führern geben wird, Zugriff auf den Staatsapparat zu erhalten." (raa/DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2010)