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Mündigkeit ist ein klares Ziel von Jugendlichen, wie sie bei der Demo gegen das Schulgesetz lautstark zum Ausdruck bringen.

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Wien - Nur drei Prozent der 14- bis 19-Jährigen interessieren sich sehr stark für Politik. Zu diesem Ergebnis kam die Repräsentativstudie "Jugend und Politik" (2007) der GfK Austria. Elf Prozent gaben an, sich eher stark dafür zu interessieren, 37 Prozent zeigten hingegen gar kein Interesse.

Die Jugendkulturforscherin Beate Grossegger führt das relativ geringe Interesse darauf zurück, dass Jugendliche keine Vorstellung davon haben, was Politik für ihren persönlichen Lebensbezug bringen kann.

Dem stimmt auch ihr Kollege Manfred Zentner vom Institut für Jugendkulturforschung zu. Als Jugendlicher gehe es darum herauszufinden, wie Politik das tägliche Leben beeinflusst. "Es fällt den Großparteien schwer, den Jugendlichen genau das verständlich zu vermitteln. Sie haben es noch nicht geschafft, ihr Programm auch für diese Zielgruppe zugänglich zu machen" , meint Zentner. Erste Erfahrungen mit Politik würden die meisten Teenager durch ihre Eltern machen. "Jugendliche werden von ihren Eltern aus politisch sozialisiert, wodurch sie lernen, sich mit Politik auseinanderzusetzen. Ihr Wahlverhalten wird aber nicht direkt von dem der Eltern beeinflusst" , meint Zentner.

Auch Wolfgang Moitzi, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ), vertritt den Standpunkt, dass Jugendliche reif genug seien, um sich ihre eigene Meinung zu bilden. Beim Vorsitzenden der Generation Zukunft Österreich (GZÖ), Marc Pommer-Gutschy, seien es jedenfalls nicht die Eltern gewesen, die ihm ihre Meinung aufgedrückt hätten. Vielmehr habe er den Vater überzeugen können, von der ÖVP zum BZÖ zu wechseln.

Abgrenzung von den Eltern

Dass Jugendliche aber exakt so wählen wie ihre Eltern, ist laut Zentner genauso möglich, wie aus Protest das Gegenteil zu wählen.

"Die Jugendlichen können aber auch aus Interesse und dem daraus folgenden Wissen anderer Meinung sein" , meint Nico Marchetti, Bildungssprecher der Jungen Volkspartei Österreich (JVP). Er fordert politische Bildung als eigenes Unterrichtsfach, da Jugendliche nun zwar ab 16 wählen dürfen, jedoch nicht ausreichend über politische Geschehnisse informiert seien. Auch bei der SJÖ wünscht man sich vermehrt politische Bildung im Unterricht, um Politik nicht nur während des Wahlkampfs interessant zu machen.

Zentner hält es nicht unbedingt für notwendig, politische Bildung zu einem eigenen Schulfach zu machen. "Man kann auch sagen, Biologie ist ein Pflichtfach, und deshalb haben die Jugendlichen kein Aids" , stellt er in den Raum. Politische Bildung müsse mehr sein, als nur darüber zu lernen, wie der Staat funktioniert.

Die Aufgabe der Politiker sei es, den Jungwählern zu zeigen, wofür sie sich einsetzen, und zwar in einer angemessenen Art und Weise. Warum populistische Botschaften bei Teilen der Zielgruppe Erfolg haben, erklärt Zentner so: "Diese populistischen Wahlprogramme sind wenig anspruchsvoll, weshalb es für die jungen Leute leichter scheint, sich zu orientieren" .

"Manche Parteien haben die Tendenz, jugendlicher zu werden, was aber nichts mit den Neuwählern zu tun hat, sondern damit, dass die Politik verstaubt wahrgenommen wird. Deswegen muss klargemacht werden, dass Politik immer mit dem Leben der Menschen zu tun hat" , resümiert Zentner. (Michael Schöber, Selina Thaler, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.9.2010)