Die Rektoren müssen zu Notwehrmaßnahmen greifen, denn von der Politik werden sie mit den Problemen an den Universitäten alleingelassen. Den Studierenden und den Universitätsangehörigen wird nicht einmal Gehör geschenkt.

Es ist eine Verhöhnung, wenn Bundeskanzler und Vizekanzler einen Gesprächstermin mit den Rektoren verweigern - und zwar seit dem Frühjahr. Die Uni-Vertreter werden stattdessen von den ÖVP-Ministern im Kreis herumgeschickt: Vizekanzler Josef Pröll verweist auf die Wissenschaftsministerin, Beatrix Karl auf den Finanzminister Josef Pröll. Die SPÖ-Vertreter blocken gleich ab und sagen zu allem Nein: zu Zugangsbeschränkungen und zu Studiengebühren.

Dass es am Freitag von den Regierungsspitzen hieß, Termine in Budgetzeiten zu finden, sei aber schwierig, ist noch eine Steigerung. Denn diese Reaktion zeigt, dass den Regierungsspitzen Bildung eigentlich egal ist und höchstens als Garnierung von Sonntags- und/oder Wahlkampfreden Verwendung findet. Den Vertretern der Studierenden ist es nicht viel besser gegangen, auch sie wurden vergangenen Herbst von Kanzler und Vizekanzler nicht empfangen.

Wenn es dagegen um die Bedürfnisse der Pensionisten geht, dann reagiert die Politik schnell. Diese Woche wurde mit reger Beteiligung der schwarz-roten Seniorenvertreter Andreas Khol und Karl Blecha auf Regierungsebene heftig darüber diskutiert, wie hoch die Pensionserhöhung heuer ausfallen darf. Kanzler Werner Faymann hat die Linie am Dienstag in der Kronen Zeitung vorgegeben: "Kanzler verspricht Beamten und Pensionisten ein Einkommens-Plus!" Am nächsten Tag wollte Vizekanzler Pröll nicht nachstehen und versprach ebenfalls, es werde keine Nulllohnrunden geben.

Bei Vertretern der jungen Generation und des für die Zukunft so wichtigen Hochschulsektors wird durch die Ignoranz der Regierenden das Gefühl verstärkt, dass sie nicht einmal angehört, geschweige denn gehört werden. So wie die Studierenden zum drastischen Mittel der Unibesetzung griffen, bleibt den Rektoren gar nichts anderes übrig, als auf die Barrikaden zu steigen. Sie müssen aussprechen, wovor sich die Politik drückt: dass weitere Einsparungen ab 2013 auch Schließungen bedeuten.

Dabei ist der derzeitige Zustand schon unzumutbar: für die Lehrenden wie die Studierenden. Die Studienbedingungen haben sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Der Andrang der Studierenden hat sich vergrößert, die Kapazitäten an den Hochschulen wurden nicht angepasst. Die Abschaffung der Studiengebühren war kein Beitrag zur Lösung des Problems, sondern eine Demonstration der innerkoalitionären Machtverteilung bei der Regierungsbildung.

Josef Broukal findet offenbar erst nach seinem Abgang als SPÖ-Wissenschaftssprecher den Mut, Offensichtliches zu benennen - was in der SPÖ schon ein Tabubruch ist: "Der ,freie Hochschulzugang' ist nicht länger aufrechtzuerhalten", schreibt er in seinem gerade erschienenen Buch Bildung in der Krise. Auch andere SPÖ-Politiker teilen diese Ansicht, sprechen sie aber nicht offen aus, um ihrem Kanzlerparteichef nicht zu widersprechen, der noch immer am Mantra des freien Zugangs festhält.

Der Alltag an den Universitäten sieht dagegen so aus, dass die Studierenden einfach via Prüfungen ausgesiebt werden. Aber Regierungspolitiker wollen nicht einmal das hören. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.10.2010)