Wien - Bundespräsident Heinz Fischer ist weiter gegen die Abschaffung der Wehrpflicht, jegliche Schritte in diesem Bereich müsse man "sorgfältig überlegen". Bei einem Ständchen am Freitag, das der Generalstab anlässlich Fischers 72. Geburtstages am morgigen 9. Oktober gegeben hat, erinnerte er an das klare Bekenntnis dazu im Regierungsprogramm. "Ich ändere meine Meinung nur, wenn nach einer Diskussion Fakten auf den Tisch liegen", gab es auch einen Seitenhieb auf den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der wenige Tage vor der Wahl für eine Volksabstimmung zur Wehrpflicht eintritt.

Fischer legte vor dem angetretenen Generalstab und der Gardemusik ein klares Bekenntnis zum Bundesheer in seiner jetzigen Form ab. Man dürfe nicht außer Acht lassen, welche Leistungen sich auf Basis der jetzigen Organisation entwickelt hätten, mahnte Fischer. So seien auch internationale Erfahrungen durch Auslandseinsätze eingeflossen. "Der finanzielle Rahmen ist nicht nur nicht unbegrenzt, sondern sehr begrenzt", ging er auch auf die schwierige budgetäre Situation ein. "Nicht zuletzt kann man sagen: Österreich ist ein sicheres Land."

Wolle man nun die Struktur des Heeres verändern, müsse man erst einmal, "nachdenken, prüfen, diskutieren, abwägen und dann entscheiden". Dieses Prinzip sei weiterhin Grundsatz für Entscheidungen über die Österreichische Landesverteidigung. Im Gespräch mit Journalisten ergänzte der Bundespräsident, dass er selbst "sicher nichts auf dem Altar des Populismus" opfern würde. Zur von Häupl gewünschten Volksbefragung meinte er: "Sie findet statt, wenn es eine Mehrheit im Nationalrat gibt, sie findet nicht statt, wenn es sie nicht gibt."

SP-Gewerkschaft kritisiert "Gehirnwäsche"

Unter den Bedienstete sorgt die Debatte über das Bundesheer für "große Betroffenheit und Verwirrung". Das sagte SPÖ-Bundesheergewerkschafter Friedrich Bauer im Gespräch mit der APA am Freitag. Er beklagte auch, dass das Bundesheer bei Katastropheneinsätzen von allen bejubelt werde, aber ansonsten keine Lobby habe. Man sei zwar diese Diskussion, wie sie jetzt vor der Wien-Wahl wieder ausgebrochen ist, schon gewohnt, dennoch überrasche der Zeitpunkt "ein bisschen".

Die Gewerkschaft hätte nichts gegen eine offene Diskussion und eine Abstimmung über die künftige Ausrichtung des Bundesheeres. Man befürchte aber, dass eher die Gegner des Militärs zur Abstimmung gebracht werden, da gewisse Medien Stimmung machen, das sei "wie Gehirnwäsche", kritisierte Bauer. Auf der anderen Seite habe man selbst keine Lobby. Der Personalvertreter plädierte dafür, die Diskussion abseits von Wahlen und ohne Emotion zu führen. Er glaubt auch, dass wenn die Bevölkerung besser informiert werden würde, eine Abstimmung über die Wehrpflicht besser ausschauen würde.

Einsatzgebiet Naturkatastrophen

Bauer erklärt den Wehrdienst mit einer Metapher: "Ich betrachte das als Versicherung. Jeder, der ein Haus hat, hat auch ein Dach. Darüber hat er aber auch eine Versicherung. Die braucht er vielleicht 40 Jahre nicht, vielleicht auch gar nicht, aber er ist versichert." Auch wenn es aktuell keine Bedrohung gebe, könne sich das in Zukunft ändern.

Außerdem nehmen die Naturkatastrophen zu, gab Bauer zu bedenken. Mit den Grundwehrdienern habe man in solchen Fällen 26.000 Hände, die sofort zur Verfügung stehen. Ohne Wehrdiener müsste hingegen bei mehren gleichzeitigen Katastrophen jemand "halt warten". Bauer nannte noch ein weiteres Beispiel: Wenn in Wien im Falle einer Terrorbedrohung die U-Bahn-Schächte gesichert werden müssten, würde die Polizei dafür nicht ausreichen.

Bundesheer würde "vergreisen"

Wichtig sei der Grundwehrdienst auch aus anderen Gründen. Ohne Rekruten würde das Bundesheer "vergreisen", auch mit der Rekrutierung von Berufssoldaten gebe es Probleme. Auch die Kritik, dass Wehrdiener nur als Systemerhalter herhalten müssen, rückte Bauer zurecht. Müsste man ohne Rekruten das System erhalten, würde der Personalbedarf "explodieren". "Denn ich brauche auch bei 25.000 statt 50.000 Mann eine Küche und eine Werkstatt." Bauer geht davon aus, dass ein Berufsheer fünf Mrd. Euro kosten würde und bezweifelt, dass Österreich sich das "leisten wird wollen".

Angesichts dessen, dass auf das ohnehin nicht besonders üppig ausgestattete Bundesheer ein Sparbudget zukommt und Personal abgebaut werden muss, und nun die Diskussion, "ob ja oder nein überhaupt", sei die "Betroffenheit und Verwirrung" unter den Bediensteten groß, so Bauer. Vor allem weibliche Zivilbedienstete befürchten, "als erstes auf der Straße zu stehen". (APA)