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Karl Prantl im Herbst  2008 bei der Ausstellung 'Karl Prantl - Steine' in der Galerie Ulysses in Wien aus Anlass seines 85. Geburtstags

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Karl Prantl 2008  in seinem Skulpturengarten im burgenländischen Pöttsching

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Pöttsching - Vor zehn Tagen ließ Karl Prantl seinen letzten Stein im Garten hinter dem Atelier aufstellen: Granit, zehn Meter hoch, sein Leben lang hatte er den Stein gekannt, betrachtet, mit ihm geredet. Mit ihm gearbeitet. "Durch das lange Dransein zeigt sich der Stein letztlich in seiner ganzen Schönheit" , hatte er bei einem der letzten Besuche gesagt und einen Satz von Joseph Brodsky zitiert:"Ob ihr's glaubt oder nicht, die Evolution hat ein Ziel: Schönheit."

Am Freitag in der Früh, wenige Wochen vor seinem 87. Geburtstag, ist Karl Prantl gestorben: vor der Tür. Dort, wo der Enkel eines Landwirtes zeitlebens am liebsten war:in der Natur. In Pöttsching, dem Ort seiner Kindheit. Und seiner Kunst.

"Wenn man als Kind den Mähleuten Wasser auf das Feld gebracht hat oder wenn man über einen Pferdeschädel streichelte: Das waren unglaubliche Erlebnisse. Dieses bäuerliche Leben mit und in der Natur hat mich immer bewegt. Ich bin froh, dass ich das auf eine andere Weise, mit meinen Steinen, leben kann."

Bildhauersymposium

Bis zuletzt ging Prantl, wenn es seine Gesundheit nur zuließ, hinaus zu seinen Skulpturen, schritt die kilometerlangen Steinspuren in der Wiese ab, vorbei an Feldern und Äckern, hielt Zwiesprache, strich über ihre Oberflächen: "Ich sehe immer die Wesenhaftigkeit des Steines" , hatte er erklärt und auf einen Labradorstein aus Norwegen gezeigt: "Wenn Sie an diesem Stein Wochen und Monate arbeiten, dann schauen Sie nur in Augen hinein. Werden ständig von Augen angeschaut. Das ist das Depot aller menschlichen Augen. Alle Augenfarben sind in diesem Stein."

1959 gründete er das Internationale Bildhauersymposium St. Margarethen im Burgenland. Weltweit, aber vor allem für Künstler aus dem damaligen Ostblock wurde es in den 1960er- und 70er-Jahren zum Synonym für künstlerische Freiheit: "Die Einladungen mussten notariell beglaubigt sein, damit unsere Kollegen überhaupt aus ihrem Land hinausdurften" , erinnerte er sich. Bildhauerkollegen trugen die Idee von der gemeinsamen Arbeit im Steinbruch in ihre Heimatländer, gründeten Bildhauersymposien rund um den Globus. Nur in St. Margarethen gibt es seit langem kein Symposium mehr. Es mangelte - zur großen Enttäuschung Prantls - an finanzieller Unterstützung durch die Kulturpolitik.

Kein Elfenbeinturm

Besonders berührend seine Dankesrede, als er vor zwei Jahren, nach jahrzehntelanger Verweigerung, mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet worden war. Er erinnerte mit Tränen in den Augen an die berühmten - und bedrohten - Steine von St. Margarethen. Einige hatte er auf eigene Kosten aus dem Steinbruch abtransportieren und auf Feldwegen und Ackerrainen in Pöttsching wieder aufstellen lassen:Land-Art. Kunst im öffentlichen Raum, die ihresgleichen - nicht nur in Österreich - sucht. Prantl, der zwischen 1946 und 1952 bei Albert Paris Gütersloh Malerei studiert hatte, tauschte den, wie er es einmal nannte, "Elfenbeinturm" des Ateliers gegen Arbeit unter freiemHimmel.

Seine Skulpturen werden in Pöttsching Wurzeln schlagen, weiter in die und mit der Landschaft verwachsen: "Zuerst ist der Stein, dann der Baum, und dann, irgendwann, dann erst kommt der Mensch. Umgekehrt ist es genauso. Ich bin der Nächste, der gehen wird. Dann die Bäume, die wir im Garten gesetzt haben, die Kirsch- und Nussbäume. Und irgendwann vergeht auch der Stein. Zerbröselt. Wird zu Erde." (Andrea Schurian, DERSTANDARD-Printausgabe, 09./10.10.2010)