Georg Niedermühlbichler in seinem Büro in der Nähe des Wiener Rathauses.

Foto: derStandard.at/Putschögl

Der Präsident der Mietervereinigung fordert weiterhin, dass die Maklerprovision zur Gänze vom Auftraggeber - "und das ist zu 98 Prozent der Vermieter" - bezahlt werden soll.

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Mit den Maklern hat er kein Mitleid: "Nach Kreisky wurde das Mietrecht de facto ständig verschlechtert."

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Georg Niedermühlbichler, Präsident der SP-nahen Mietervereinigung Österreich (MVÖ), ist über die zuletzt erzielten Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter hocherfreut. Was er sich von der Regierung noch wünscht, und warum er mit den Immobilienmaklern eher kein Mitleid hat, erzählt er Martin Putschögl

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derStandard.at: Seit 1. September gilt die neue Provisions-Regelung. Welche Erfahrungen hat die Mietervereinigung bisher gemacht?

Georg Niedermühlbichler: Unsere Erfahrungen damit sind ausgesprochen positiv. Die Qualität ist keinesfalls schlechter geworden, und auch die Massenbesichtigungen sind - anders als die Maklervertreter postuliert hatten - nicht mehr geworden. Erfreulicherweise haben wir bisher sehr selten davon gehört, dass Makler- verbotenerweise - noch immer drei Monatsmieten Provision vom Mieter verlangen. Es dürften sich die Makler also großteils damit arrangiert haben.

Wir sehen die Neuregelung als Schritt in die richtige Richtung, aber nur als Zwischenschritt. Wir fordern weiterhin, dass der Auftraggeber - und das ist zu 98 Prozent der Vermieter - die Maklerprovision zur Gänze zahlen soll.

derStandard.at: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat sich zuletzt ja ebenfalls dahingehend geäußert. Auch er sprach wörtlich von einem "Zwischenschritt". Kriegt man da nicht langsam Mitleid mit den Maklern?

Niedermühlbichler: Also, erstens bin ich nicht so optimistisch, dass das tatsächlich in nächster Zeit kommen wird. Mitterlehner hat zwar in seinen Stellungnahmen - ein bisschen provoziert von den Maklern - darauf hingewiesen, dass das der faire Weg wäre. Und er hat auch erwähnt, dass ihm selbst Fälle bekannt sind - was ganz absurd ist -, dass Makler Provisionen mit Vermietern geteilt haben, also drei Monatsmieten vom Mieter kassiert haben und eine davon an den Vermieter weitergegeben haben. Und da sage ich klar: Das kann's überhaupt nicht sein. Es würde mich deshalb freuen, wenn der Minister den eingeschlagenen Weg weiterbeschreiten würde.

Die Makler tun mir deswegen nicht leid, weil ihnen ja eigentlich egal sein kann, ob sie vom Mieter oder vom Vermieter ihr Geld bekommen. Sie müssen nur auf's gleiche Geld kommen wie vorher. Und ich kenne einige Makler, die sagen, es wäre ihnen gar nicht unrecht, wenn sie gleich nur vom Auftraggeber kassieren könnten. Es gäbe dann einen einzigen Partner für die Makler, nämlich den Vermieter, und dem können sie auch klarer darlegen, welche Leistungen sie wirklich erbringen. Der Vermieter ist dann möglicherweise auch eher bereit, die Leistung dementsprechend zu honorieren. Das wäre ein vernünftiges Geschäftsmodell, wo auch die Makler profitieren könnten.

derStandard.at: Befürchten Sie nicht, dass dadurch die Mieten steigen könnten?

Niedermühlbichler: Nein, das glaube ich nicht. Denn: Wie will der Vermieter die jetzt schon horrenden Mieten weiter steigern? Es ist so, dass sich die Mieten jetzt in Wirklichkeit schon am Markt orientieren, und nicht an der Regulierung durch die Richtwert-Zuschläge. In Wirklichkeit kann man Zuschläge erfinden und muss erst im Falle einer Überprüfung darlegen, welche Zuschläge überhaupt wofür gedacht sind.

Um die Mieten wieder zu senken, fordern wir einen klaren Zuschlagskatalog zu den Richtwerten. Diese Zuschläge sollten taxativ festgehalten und im Mietvertrag auch angeführt werden, sodass der Mieter weiß, wofür er welchen Zuschlag bezahlt. Der Lagezuschlag gehört sowieso ganz weg, der ist unsinnig. Warum soll der Vermieter mehr Miete verlangen dürfen, nur weil in der Nähe eine U-Bahn gebaut wird? Die Zuschläge sollten außerdem mit 25 Prozent vom Richtwert begrenzt werden. Das wäre ein faire Regelung, mit der man die Mieten nachhaltig senken könnte.

derStandard.at: Ein großes Thema sind bei Ihnen auch immer wieder die Kautionen. Auch da hat es zuletzt eine Verbesserung für Mieter gegeben.

Niedermühlbichler: Ja, die neue Regelung, die voriges Jahr beschlossen wurde, sieht vor, dass die Kaution auch im Außerstreitverfahren zurückgestritten werden kann. Vorher musste man vor Gericht ziehen, was wegen des hohen Kostenrisikos doch für viele abschreckend wirkte. Mit der neuen Regelung ist das weggefallen, es geht jetzt über eine Schlichtungsstelle, was für die Mieter wenig bis keine Kosten bedeutet. Man muss also keinen Rechtsanwalt mehr beauftragen, sondern das können beispielsweise auch wir von der Mietervereinigung machen. Der Effekt ist der, dass sich immer mehr Vermieter jetzt genau anschauen, ob sie die Kaution nicht zurückzahlen. Denn die sind natürlich auch nicht an einem Rechtsstreit interessiert. Dadurch hat sich viel verbessert. Weiters ist jetzt ganz klar festgelegt, dass die Kaution auch verzinst werden muss.

derStandard.at: Beobachten Sie eine Tendenz, dass die Vermieter nun höhere Kautionen verlangen?

Niedermühlbichler: Nein, das lässt sich nicht beobachten. Die Regelung erlaubt es, dass maximal sechs Monatsmieten verlangt werden dürfen. In der Regel werden aber nach wie vor 3 Monatsmieten verlangt. Das hat sich in den Köpfen schon so eingeprägt. Mehr sind es in Ausnahmefällen dann, wenn die Wohnung eine besonders schöne Ausstattung hatte.

derStandard.at: Eine langjährige Forderung ist auch die Abschaffung der Mietvertrags-Vergebührung. Gibt's da Signale, dass das auch noch passiert?

Niedermühlbichler: Leider nicht. Die Abschaffung war im vorletzten Regierungsübereinkommen (2006) drinnen, im letzten (2008) wurde sie aber wieder herausgenommen. Ich gehe deshalb davon aus, dass es in dieser Legislaturperiode nicht mehr zur Abschaffung kommen wird. Das ist sehr schade, weil es wirklich eine Entlastung der Mieterinnen und Mieter gewesen wäre. Aber wir werden alles daran setzen, dass das zumindest 2013, im nächsten Regierungsprogramm, wieder drinnen steht.

derStandard.at: Was wünschen Sie sich noch in dieser Legislaturperiode?

Niedermühlbichler: Zunächst die schon genannten Änderungen bei den Richtwert-Zuschlägen. Weiters müssen die Erhaltungspflichten im Inneren der Wohnung rasch geklärt werden. Wenn die Therme kaputt ist, muss sie der Mieter derzeit im Endeffekt - zumindest vorerst - selbst bezahlen, weil er sonst im Kalten sitzt. Da gibt es vernünftige Vorschläge, und ich gehe davon aus, dass wir im nächsten Jahr dazu eine Einigung finden.

Eines möchte ich aber auch sagen: Durch die Maßnahmen bei den Kautionen und den Maklerprovisionen wurden von dieser Regierung bereits zwei sehr wichtige Punkte beschlossen, die eine Verbesserung für Mieterinnen und Mieter nach sich ziehen. Und das sind die ersten positiven Veränderungen seit rund 20 Jahren. Denn von den Regierungen nach Kreisky wurde das Mietrecht de facto ständig verschlechtert, mit dem Höhepunkt im Jahr 1994, als die Richtwert-Regelung eingeführt wurde. Jetzt haben wir eindeutige Verbesserungen erreicht, und das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass mit Werner Faymann ein ehemaliger Vorsitzender der Wiener Mietervereinigung nun Bundeskanzler ist, und eine weitere Ministerin, Doris Bures, war als Präsidentin der Mietervereinigung meine direkte Amtsvorgängerin. Dadurch wurden positive Entwicklungen möglich, die es schon sehr, sehr lange nicht mehr gab. (derStandard.at/19.10.2010)