"Frauen auf dem Land"
Elisabeth Sandmann Verlag, München 2010
160 S., 25,70 Euro
ISBN 978-3-938045-48-0

Cover: Elisabeth Sandmann Verlag

Annegret Braun spannt den Bogen der Landfrauen von Gutsbesitzerinnen, Erntehelferinnen und Sennerinnen ...

Foto: Elisabeth Sandmann Verlag

... bis hin zu Hebammen, "Doktorbäuerinnen" und den anspruchsvollen Sommerfrischlerinnen aus der Stadt.

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Der harte Alltag zwischen ländlicher Idylle und Knochenarbeit ist ebenso Thema wie die Entstehung ländlicher Hausfrauenvereine oder wie sich die Landarbeit für Frauen durch Technik und Bildung veränderte.

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Zurück zur Natur: Die Oberösterreicherin Margit Lamm möchte durch den Anbau und Verkauf von Biogemüse eine engere Verbundenheit zwischen Konsument und Landwirtschaft herstellen.

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"Alles, was man auf dem Land tut, scheint Sinn zu machen. Ganz gleich, ob man Gemüse anbaut oder dafür sorgt, dass alte Möbel wieder restauriert werden. Hauptsache, es wird etwas mit den eigenen Händen geschaffen." (Annegret Braun in "Frauen auf dem Land")

Eineinhalb Jahre hat Annegret Braun eingehend Geschichte und Leben von Frauen auf dem Land studiert, in Archiven gestöbert und Bäuerinnen zu ihrem Alltag auf Hof und Feld befragt. Selbst als eines von vier Mädchen auf einem Bauernhof, zwischen Heu- und Stallarbeit aufgewachsen, ist der promovierten Ethnologin das Landleben auch persönlich bestens vertraut. Umso erfreuter nahm sie das Angebot von Elisabeth Sandmann an, in deren gleichnamigem Verlag ein Buch über Frauen zum Thema zu schreiben.

Damals und heute

In "Frauen auf dem Land" beschreibt Braun in Wort und eindrucksvollen Bildern das Leben von Landfrauen in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Wandel von damals bis heute. Und sie meint damit nicht nur Bäuerinnen und Mägde: Die Kulturforscherin spannt den Bogen von Gutsbesitzerinnen, Erntehelferinnen und Sennerinnen bis hin zu Hebammen, "Doktorbäuerinnen" und den anspruchsvollen Sommerfrischlerinnen aus der Stadt. "Das kann aber nur ein kleiner Ausschnitt sein", sagt Braun im Gespräch mit dieStandard.at, "denn es gäbe noch viel mehr spannende Landfrauen zu beschreiben, man denke zum Beispiel an die Dorflehrerinnen." Der harte Alltag zwischen ländlicher Idylle und Knochenarbeit, das Leben in der Großfamilie und "Wer heiratet wen?" sind ebenso Inhalt wie Kurzbiografien von Pionierinnen in der Agrarwissenschaft im vorigen Jahrhundert, die Entstehung ländlicher Hausfrauenvereine oder wie sich die Arbeit der Landfrauen durch Technik und Bildung veränderte.

Für ihre historischen Recherchen hat die in einem Dorf nahe München lebende Autorin tief in der agrarwissenschaftlichen Frauenforschung nachgegraben, unter anderem am Michael-Mitterauer-Archiv des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Uni Wien. In der von dem Sozialwissenschafter initiierten Buchreihe "Damit es nicht verloren geht ..." fand sie zahlreiche von Bäuerinnen selbst niedergeschriebene Lebensgeschichten, die ihr viele wertvolle Fakten und Hinweise lieferten.

Bäuerin im Kollektiv

In einem spannenden Exkurs widmet sich Annegret Braun den Bäuerinnen in der DDR, die in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) im Kollektiv auf riesigen Ackerbauflächen für das Kollektiv arbeiteten und nebenbei den halben Hektar Hauswirtschaft bearbeiteten, den sie ihr Eigen nennen durften.

Moderne Landfrauen heute

Spannend zu lesen sind auch die Porträts moderner Landfrauen heute, die Braun auf ihren Höfen besuchte. "Bäuerinnen sind heutzutage sehr vielseitig, selbstbestimmt, einfallsreich und kreativ und sie repräsentieren die unterschiedlichsten Arten von Landwirtschaft", schildert sie ihre Erkenntnisse aus den Interviews und Begegnungen.

Im Gegensatz zu früher, wo Frauen auf dem Land keine Ausbildung machen durften, weil sie sonst als Arbeitskraft auf Hof und Feld gefehlt hätten, seien die meisten Bäuerinnen heutzutage sehr gut ausgebildet und die Technik erleichtere ihnen die tägliche Arbeit enorm. Viele von ihnen seien selbstständige Unternehmerinnen, die ihr Wissen in Kursen und Seminaren teilweise wieder an andere Frauen weitergeben. "Landfrauen heute fragen sich: 'Was gibt der Hof her?' und 'Wo sind meine Begabungen und Interessen?' und daran orientiert sich ihr Geschäftsmodell", so Braun. "Sie nutzen ihre individuellen Begabungen, um sich berufliche Freiräume zu schaffen."

Visionärinnen und Künstlerinnen

Die Bandbreite reiche dabei von ökologischem Landbau über Urlaub auf dem Bauernhof bis hin zu Catering direkt vom Hof. Beispielgebend dafür präsentiert die Autorin Visonärinnen wie die Oberösterreicherin Margit Lamm, die mit dem Anbau und Verkauf von Biogemüse eine engere Verbundenheit zwischen Konsument und Landwirtschaft herstellen möchte; Ulrike Röhr, die gemeinsam mit ihrem Mann in deren großem Ackerbaubetrieb in Schleswig-Holstein Getreide und Zuckerrüben anpflanzt, oder Altbäuerin Anna Brenninger, die in ihrer gemütlichen bayrischen Bauernstube die schönsten Dirndln der Region herstellt.

"Die Menschen, die heute aufs Dorf fahren, finden dort starke Frauen vor – vielleicht ist es auch das, was die Menschen am Landleben so fasziniert", schließt Annegret Braun ihre Einleitung. "Von einigen dieser außergewöhnlichen Frauen berichtet dieses Buch." (isa/dieStandard.at, 21.10.2010)