Wien - Olaf-Ermittlerin Katrin Tännler fühlt sich oft machtlos: "Es stimmt leider, dass Olaf ein zahnloser Tiger ist", sagt sie. Die Antikorruptionsbehörde der EU, Olaf, sei unterbesetzt und habe "keine Möglichkeit, Daten zu sichern und zu beschlagnahmen" - weil der politische Wille fehlt.

Gemeinsam mit vier anderen Korruptions- und Mafiaexperten diskutierte Tännler am Mittwoch in Wien über "organisierte Kriminalität, Wirtschaftskriminalität und Korruption in der europäischen Union und als globales Phänomen". Mit ihr am Podium: Petra Reski, Autorin mehrerer Bücher über die Mafia; Anthony Mills von der Pressefreiheitsorganisation IPI; Andreas Wieselthaler, Chef des österreichischen Bundesamtes zur Bekämpfung der Korruption (Bak); und Maximilian Edelbacher, bis 2002 Leiter des Wiener Sicherheitsbüros.

Korruption sei zwar nicht gleich Mafia - es gebe aber keine Mafia ohne Korruption, meinte Reski zu Beginn. Beide Probleme seien in Österreich seit den 1990er Jahren größer geworden, sagt Edelbacher: "Wir haben vielleicht die kleine Korruption bei der Polizei ausgerottet, aber was ist mit der Korruption der Eliten? Die kleinen Fische werden eher gefangen als die großen."

Bak-Chef Wieselthaler äußerte sich zu dieser Einschätzung gar nicht. Er forderte aber die Einführung einer Kronzeugenregelung: "Bei der Korruption wollen beide Partner, dass das Geschäft geheim bleibt. Ohne Kronzeugenregelung bringen wir keinen dazu, auszusteigen." Edelbacher hingegen hält Straferlass für Informationen für "unmoralisch" und warnte davor, dass die Mafia Kronzeugen für Falschinformationen einsetzen könnte.

Reski forderte generell strengere und einheitliche Gesetze gegen die Mafia: Länder wie Deutschland und Österreich würden die Mafia beschützen: "Hier fragt niemand, aus welchen Geschäften ausländisches Geld stammt." Zudem sei es schwer, Abhörgenehmigungen zu bekommen. Deshalb investierten die Clans hier gerne.

Auch Journalisten seien gefordert, sagte Mills: "Romantizismus" gegenüber der Mafia sei unangebracht, pro Jahr sterben mehr Journalisten durch die Mafia als im Krieg. In Ländern wie Österreich sei die größte Gefahr, dass Journalisten und Politiker einander zu nahe seien. Darunter leide die Berichterstattung über Korruption.

"Politik und die Mafia sind wie Fische und Wasser - ohne das eine gibt es das andere nicht", sagte Reski. Der politische Wille, diese Probleme anzugehen, fehle aber oft, kritisierten Edelbacher und Tännler. Publikum und Podium stützten die These: Politiker waren bei der Diskussion nicht anwesend. (tob/DER STANDARD, Printausgabe, 21.10.2010)