Blick ins Parlament: Die etwas andere Definition von "Plenum"

Foto: Matthias Cremer

Quizfrage (eine schwierige zugegeben): Wer ist eigentlich der aktuelle SPÖ-Wissenschaftssprecher der SPÖ? Ich gestehe, mir ist die Person auch erst nach einiger Googelei "eingefallen". An Josef Broukal hätte ich mich glatt noch erinnert, aber der ist's ja schon länger nimmer.

Dem Selbsttest wiederum unterzog ich mich, um für eine Diskussion vorbereitet zu sein, die von der Wissenschaftsvermittlungsagentur Plansinn veranstaltet wurde. Bei Speis und Trank debattierten da Experten aus den Bereichen Wissenschaft, der Wissenschaftsverwaltung und der Wissenschaftskommunikation angeregt darüber, ob und warum in Österreich die Politik so wenig auf die Wissenschaft hört. Oder ob sie das eh tut.

Ich war und bin von ersterem überzeugt und vermutete in einem Anflug eigener Politikverdrossenheit, dass der Grund ganz einfach darin liegt, dass die Wissenschaftsverdrossenheit oder besser: Wissenschaftsignoranz der österreichischen Politiker eine im internationalen Vergleich rekordverdächtig hohe ist. Mir ist jedenfalls kein Politiker außer den jeweiligen Ministerinnen und Wissenschaftssprechern in Erinnerung, die in letzter Zeit durch die geringste Wissenschaftsaffinität aufgefallen wäre.

Aber wer weiß: Vielleicht ist das böse Gerücht ja auch falsch, dass beim Vortrag von Cern-Chef Rolf Heuer vor ein paar Monaten im Parlament genau 0,0 Abgeordnete anwesend waren. Außerdem könnte an dem Tag auch ein Fußballmatch oder eine Veranstaltung bei den Salzburger Festspiele stattgefunden haben, die natürlich weit bessere Fotogelegenheiten hergeben. Weil was gibt es Besseres als demonstrierte Sport- oder Kulturaffinität. Aber sich öffentlich für Wissenschaft zu interessieren - bitte nicht! Man könnte ja glatt als Intellektueller dastehen!

Wer will das schon in Zeiten, in denen man es ganz ohne Matura zum Bildungssprecher der ÖVP oder zum FPÖ-Chef bringen kann. Außerdem ist empirisch recht gut abgesichert, dass Wissenschaftssprecher einer Partei später dann eher keine allzu großen Karrieresprünge mehr machen werden. Und man erinnere sich nur an das enorme Gedränge um Gio Hahns Nachfolge als neuer Wissenschaftsminister, bevor Beatrix Karl als erste den Widerstand aufgab.

Um das Interesse der österreichischen Politiker an Wissenschaft doch ein klein wenig zu heben, habe ich mir bei der besagten Diskussion eine bescheidene Gegenmaßnahme ausgedacht: einen Preis für wissenschaftlich besonders bemühte Politiker. Weil wenn schon alljährlich der österreichische Wissenschafter des Jahres und alle zwei Jahre von den jeweiligen Ministerien Staatspreisträger für Wissenschafts- und Bildungsjournalismus ausgelobt werden, könnte man ja auch einmal den Spieß umdrehen und den am meisten an Forschung interessierten Politiker des Landes eine Auszeichnung verleihen.

Die Form und den Namen des Preises kann man sich noch überlegen. Vorschläge, Kommentare und mögliche Kandidaten werden jedenfalls gerne entgegengenommen. Von der Teilnahme am Preisausschreiben würde ich nur die einschlägigen Fachministerinnen Doris Bures und Beatrix Karl ausnehmen sowie die Wissenschaftssprecher. Wobei Andrea Kuntzl (die Lösung auf die eingangs gestellte Quizfrage, Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich 2009) vermutlich eh keine allzu große Chance hätte.