Wien - Die Nationalratswahl 2002 war für die Politikwissenschafter Fritz Plasser und Peter Ulram der "bisherige Höhepunkt wahlpolitischer Mobilität". Knapp ein halbes Jahr nach der Wahl präsentierten sie am Freitag ihre ausführlichen Analysen zum Wahlverhalten der ÖsterreicherInnen. 24 Prozent haben sich demnach für eine andere Partei entschieden als noch bei der Wahl 1999. Das sei der höchste Wert an WechselwählerInnen in der Zweiten Republik. Profitiert hatte davon erwartungsgemäß vor allem die ÖVP.

Bei der Wahl 1975 änderten im Vergleich dazu nur drei Prozent ihr Wahlverhalten. Weiter angestiegen ist auch die Zahl der "Spätentscheider". Legten sich 1975 nur fünf Prozent der Wahlberechtigten in der Schlussphase des Wahlkampfes auf eine Partei fest, waren es 2002 bereits 23 Prozent.

Verloren hat durch die hohe Zahl an WechselwählerInnen vor allem die FPÖ. Im Vergleich zu 1999 haben 633.000 FPÖ-WählerInnen zum Regierungspartner ÖVP gewechselt. 148.000 ehemalige FP-SympathisantInnen sind zur SPÖ gewechselt. Bemerkenswert sei auch, dass rund 140.000 WählerInnen, die diesmal von der FPÖ zur ÖVP gewechselt sind, Anfang der 90er Jahre noch SPÖ-Wähler waren, meinte Plasser.

Geschlechterkluft vergrößert

Vergrößert habe sich bei der letzten Wahl auch die "Geschlechterkluft". Frauen wählen demnach tendenziell häufiger grün, Männer eher die FPÖ. Bei den Männern kommt eine ÖVP-FPÖ-Regierung aus 56 Prozent Unterstützung, bei den Frauen liegt hingegen eine rot-grüne Koalition mit 50 Prozent vor einer schwarz-blauen (48 Prozent).

FPÖ verlor ArbeiterInnen

Festzustellen sei auch eine weitere Polarisierung im Wahlverhalten der ArbeiterInnen, stellte Plasser fest. 2002 musste die FPÖ, die bei den Wahlen zuvor immer mehr Arbeiter mobilisieren konnte, ihre schwersten Stimmenverluste bei dieser Gruppe hinnehmen. Statt 47 Prozent wie noch 1999 wählen nur mehr 16 Prozent der Arbeiter die FPÖ. Bei den Arbeiterinnen zeigt sich dieser Trend noch stärker. Jede zweite Arbeiterin entschied sich 2002 für die SPÖ, jede dritte wählte die ÖVP und nur neun Prozent wählten die Freiheitlichen. (APA)