"Der Anschlag" in "Menschen & Mächte", Donnerstag, 21.05 Uhr, ORF 2

Foto: ORF/Interspot/Klaus Achter

ORF-Dokumentarist Tom Matzek mit Alfred Rupf, ehemaliger Leiter der Kriminalpolizei am Flughafen Wien, und Kameramann Klaus Achter im Hotel Fürstenhof, wo der Führungsoffizier des Abu Nidal-Kommandos 1985 gewohnt hat.

Foto: ORF/Interspot/Klaus Achter

"1985 hat das Netzwerk nicht funktioniert", kommentiert Tom Matzek, dessen Dokumentation "Der Anschlag" in Menschen & Mächte am Donnerstagabend auf ORF 2 ausgestrahlt wird: Am 27. Dezember 1985 schlug die palästinensische Abu-Nidal-Gruppe auf dem Flughafen Schwechat vor dem Schalter der israelischen Fluglinie ElAl zu, drei Menschen wurden getötet, vierzig verletzt. Die Vorgeschichte könnte man als "Wettlauf zwischen Abu Nidal und Bruno Kreisky" lesen, sagt Matzek zum STANDARD.

25 Jahre danach erinnern sich im Film damalige Insider - Kreiskys Minister Karl Blecha und Erwin Lanc, der Diplomat Georg Lennkh sowie der Polizist Alfred Rupf - in großer Offenheit an das Umfeld der Kreisky'schen Nahostpolitik. Österreich geriet als Land ins Visier, das der PLO - von der Abu Nidal Anfang der 1970er ausgeschlossen worden war - internationale Türen öffnete, wie zur Sozialistischen Internationale.

Was im späteren populären österreichischen Narrativ einfach nur "Palästinenserterrorismus" wurde, richtete sich gegen israelische und jüdische Einrichtungen - aber auch gegen die PLO und deren Vorsitzenden Yassir Arafat, den Kreisky auf einen Verhandlungsweg einschwören wollte. Die Frage, ob der Kanzler durch seine aktive Politik Österreich in den Konflikt hineingezogen oder durch seine arabische Vernetzung noch mehr Unheil vom Land ferngehalten hat, wird oft ideologisch beantwortet. Die internationalen Terrorstatistiken der Zeit sprechen zugunsten Kreiskys.

1985 war das Jahr, in dem die Kobra (geschaffen, um den Transit von osteuropäischen Juden nach Israel zu sichern) immer wieder in Alarmbereitschaft versetzt wurde. Kreisky, damals nicht mehr Kanzler, versuchte Länder einzuschalten, von denen er sich Einfluss auf Abu Nidal versprach: Lennkh wurde zu Gaddafi nach Libyen geschickt, der versprach, "zu verhindern, was zu verhindern ist" . Nach dem Attentat übermittelte er seine Entschuldigung, dass ihm das nicht geglückt sei.

Matzek hat sich schon als Student in den 1980ern mit dem Nahostkonflikt befasst, sein Film profitiert dazu von der historischen Beratung durch Thomas Riegler, dessen Buch Im Fadenkreuz: Österreich und der Nahostterrorismus 1973 bis 1985 Anfang Dezember erscheint. Nicht zu kurz kommen auch - bewundernswert ausgewogene - Stimmen von Personen, die den Anschlag selbst erlebt und erlitten haben. (Gudrun Harrer, DER STANDARD; Printausgabe, 28.10.2010)