Schüler des Österreichischen Gymnasiums Prag erforschten die Unterschiede und Ähnlichkeiten von Österreich und Tschechien.

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Prag - Nur wenigen Leuten ist bekannt, dass Österreich nicht nur Schulen im eigenem Land besitzt, sondern auch im Ausland, wie zum Beispiel in Budapest oder Prag. Beide Schulen wurden Anfang der 90er-Jahre gegründet, und in beiden gibt es einen intensiven Fremdsprachenunterricht sowohl in Deutsch als auch in Englisch.

Das Österreichische Gymnasium in Prag (ÖGP) dauert sechs Jahre, wobei in den letzten vier Jahren der Unterricht ausschließlich in deutscher Sprache stattfindet.

Unser Schulgebäude war früher mal eine Bäckerei und obwohl es mit Sicherheit schönere Gebäude gibt, fühlt man sich hier in kürzester Zeit wohl. Das liegt aber nicht unbedingt am Gebäude. In unserer Schule gibt es sehr humorvolle Lehrer, die uns nicht nur den Unterrichtsstoff vermitteln, sondern mit denen wir uns auch gut privat unterhalten können.

Unser Gymnasium führt 172 Schüler, und es werden jedes Jahr mehr. Es gibt insgesamt zehn Klassen: in den ersten zwei Schuljahren eine Klasse pro Jahrgang, ab dem dritten Schuljahr sind die Schüler in zwei Parallelklassen pro Jahrgang aufgeteilt.

Neben den Haupt- und Wahlfächern können wir auch an anderen Aktivitäten teilnehmen. Es gibt einen Schulchor, Gitarrenunterricht, und es findet jedes Jahr ein Fußballturnier statt, bei dem die Schüler - egal ob Burschen oder Mädchen - ihr Talent unter Beweis stellen können. Auch Leute, die sich für Naturwissenschaften interessieren, finden Angebote wie "Biologie im Team" oder Astronomie. Für begabte junge Schauspieler werden Theaterprojekte angeboten, die dann oft auch in anderen Schulen in Tschechien, Österreich oder auch in anderen Ländern aufgeführt werden.

Kurz gesagt: Die Österreichische Schule ist eine Schule, in der man nicht nur lernt, sondern auch viel über den österreichischen Humor, die österreichische Kultur und den österreichischen Lebensstil mitbekommt.

Schulsysteme im Vergleich

Nachdem wir die Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen, die das tschechische und das österreichische Schulsystem verbindet, möchten wir kurz die beiden Systeme vergleichen. Zunächst unterscheiden sie sich dadurch, dass in Tschechien neun Jahre Schulpflicht herrschen und man daran eine vierjährige Mittelschulausbildung anschließen kann. Danach kann man auf die Hochschule oder Universität gehen. Nach dem tschechischen Schulrecht besuchen wir jetzt das zweite Jahr des Gymnasiums, nach dem österreichischen sind wir in der sechsten Klasse.

Im praktischen Schulleben unterscheidet sich der Unterricht durch das Verhältnis von den Lehrern zu den Schülern und durch den Ablauf der Unterrichtsstunden. An österreichischen Schulen bemühen sich die Professoren um einen persönlicheren Kontakt zu den Schülern, sie interessieren sich für ihre Probleme und kommen ihnen entgegen. Von den Schülern erwartet man, dass sie sich ihre eigene Meinung zu wichtigen Lebensfragen bilden und in den Stunden aktiv teilnehmen. Einige Lehrer fördern auch die Arbeit in der Gruppe, oder sie zeigen Filme, die sich auf den jeweiligen Stoff beziehen.

Dagegen dominiert in den tschechischen Schulen immer noch ein konservatives Modell, was unter anderem auch mit dem hohen Altersdurchschnitt der Professoren zusammenhängt, die sich noch nicht auf neue Lehrmethoden eingestellt haben. Ein weiteres Problem ist die große Zahl der Schüler in den Klassen, die kaum engere Beziehungen zwischen Schülern und Lehrern zulässt.

Wir persönlich bevorzugen den Umgang mit unseren österreichischen Professoren und sind in unserem Gymnasium sehr zufrieden. Aber das bedeutet nicht, dass wir das tschechische Schulwesen abwerten wollen. Jeder hat eben eine andere Vorstellung von seiner idealen Schule. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.11.2010)