Im Spa können Kinder ab zwölf Jahren eine eigens auf sie abgestimmte Handbehandlung ordern, deren erklärtes Ziel "verjüngte, gesunde..." Hände sind. Was kommt als nächstes? Botox für Babys?

Foto: Six Senses Hideaway Yao Noi

"To pamper" heisst verzärteln und ist das oberste Gebot der Luxushotellerie. Wer am Pool der Privatvilla bleibt, versäumt aber die landschaftlichte Schönheit von Thailands Küste (großes Bild links).

Foto: Six Senses Hideaway Yao Noi

Anreise & Unterkunft:
Six Senses Hideaway Yao Noi, E-Mail: sales-yaonoi@sixsenses.com
Anreise über Airport Phuket, dann mit Fähre und Taxi.
Sala Phuket in 20 Minuten vom Airport Phuket erreichbar. E-Mail: info@salaphuket.co

Grafik: DER STANDARD

Urlaub kann ganz schön stressen. Zum Beispiel dann, wenn man wenig davon hat, aber aus dieser kurzen Zeit die maximale Entspannung herauspressen will. Fernreisen erhöhen den Erfolgsdruck zusätzlich. Keiner will schliesslich extra in die Karibik fliegen, um anschliessend den Bürokollegen erzählen zu müssen, wie man bei einer Woche Dauerregen in einer Hotelbruchbude ausgeharrt hat. Das heisst: Die Auswahl des Traumurlaubsziels dauert mitunter so lange wie dieser selbst. Ein Wunder, dass die Stressforschung noch keinen Namen dafür gefunden hat. Pre-Holiday-Stress-Syndrom klänge hübsch.

Die Tourismusindustrie kennt dieses Problem natürlich und hat längst einen neuen Trend kreiert: Das "Pampering". "To pamper" ist englisch und bedeutet "verwöhnen, verzärteln". Dem Gast werden Wünsche erfüllt, von denen er vorher in der Regel nicht wusste, dass er sie hatte: Champagnerpicknick mit passendem Abendrot, Massagen zum Frühstück, eine Badewanne mit Meerblick und angrenzendem Ruhesofa. Im thailändischen Öko-Luxusresort "Six Senses Hide Away" auf der kleinen Insel Yao Noi wartet auf dem Nachtkastl ein eigene Polsterspeisekarte, genannt "Pillow"-Menu, mit einem guten Dutzend verschiedener Kopfpolster zur Auswahl. Das Six Senses Yao Noi ist so etwas wie das ultimative Dienstleistungsparadies. Gerade eben haben wir noch hektisch am Pier in Phuket ein Taxi gesucht - mit dem Überschreiten der Hotelschwelle sind alle Sorgen passe. "Welcome, Welcome!", flötet eine junge Thailänderin mit Zahnspange. Sie heisst Rihanna, wie der Rockstar, und hat unsere Namen auswendig gelernt. Sie weiss, welchen Saft wir bevorzugen und wie unser Duschgel riechen soll. Rihanna ist unsere Butlerin.

Sie bugsiert uns in eins dieser lächerlichen Golfplatzbuggies, die in Luxushotels verhindern, dass die Gäste, also wir, mehr als drei Meter zu Fuss gehen müssen. Mein Mann, der jede Woche fünfzig Kilometer läuft, aber schnödes Gehen aus tiefster Seele verabscheut, ist begeistert. Er wird von nun an jeden Morgen wie ein kalifornischer Pensionist zum ungefähr zweihundertfünfzig Meter entfernten Frühstück und zum dreihundert Meter entfernten Spa kutschiert werden wollen.

Aus dem üppigen Dschungelgrün taucht ein Holztor auf. Und gleich dahinter liegt der Pool. Nicht gross, aber sehr privat, mit Blick auf den türkis schimmernden Ozean und im Dunst verschwimmende Inseln. "Please listen!", fleht die fesche Rihanna. Sie erläutert gerade zum zweiten Mal, wie das Dampfbad und die Unterhaltungselektronik funktionieren, und die übrigen hundert Extras dieser perfekten kleinen Ferienvilla. Leider wird man, erschlagen ob der Schönheit der Szenerie, nicht zuhören können und später, gegen Mitternacht, eine Dreiviertel Stunde lang die Fernbedienung für die Klimaanlage suchen.

Dafür aber werden die Zahnbürste und auch die Schwimmbrille exakt dort warten, wo sie hingehören. Ausgepackt hat nämlich Rihanna. Die hat auch bereits Massagetermine und Tennisstunden, einen Yoga-Schnupperkurs sowie das Abendessen organisiert. Ein Kleingeist, wer sich da über Fernbedienungen ärgern würde. "Unsere Gäste haben anstrengende Berufe und Leben", sagt Susan Noonan, die australische Hotelmanagerin des Six Senses Yao Noi. "Wenn sie zu uns ins Hideway kommen, wollen sie sich einfach fallen lassen und sich entspannen." Immer mehr Touristen ziehen die Zweisamkeit am privaten Pool dem Strandleben vor. "Dieses Segment wächst", bestätigen auch die Betreiber des wunderschönen und etwas weniger teuren "Sala"-Resort in Phuket. Dessen minimalistisch designten Villen sind mit uneinsehbaren Mauern umgeben. Das geht zwar auf Kosten der Aussicht, dafür aber kann man den Bikini im Koffer lassen. Dabei würde sich der Gang zum Strand durchaus lohnen: Der ist dank all der Zurückgezogenheit der Gäste praktisch menschenleer - so weit das Auge reicht.

Mitunter nimmt das Pampering allerdings schon etwas absurde Ausmaße an. Im Spa des "Six Senses Hide Away" Yao Noi etwa können Kinder ab zwölf Jahren eine eigens auf sie abgestimmte Handbehandlung ordern, deren erklärtes Ziel, so der Werbefolder, "verjüngte, gesunde und professionell aussehende Hände" sind. Was kommt als nächstes? Botox für Babys?

Andererseits: Wer selbst im Private Pool plätschert und sich für einen Fussweg von 250 Metern in einem Golfbuggy kutschieren lässt, sollte vielleicht nicht über Dekadenz mosern. (Heidi Lackner/DER STANDARD/Rondo/5.11.2010)