Wiener Elfenbeinpferd aus dem 17. Jh. (20,7 cm hoch).

Foto: Im Kinsky

In der historischen Diskussion zur Gefährdung der Elefantenpopulation durch den Elfenbein-Handel galten zumindest die spezialisierten Schnitzer als "merkantilistisch uninteressant". Ihr Bedarf fiel für den Handel schlicht nicht ins Gewicht, wie Peter Hartmann in seinem Kunstlexikon nachwies. In Aufstellungen der größten Elfenbein-Handelsfirma Europas, der in Hamburg ansässigen Firma Heinrich Meyer, finden sich entsprechende Zahlen.

Der Höhepunkt des jährlichen Weltmarktverbrauchs lag in den Jahren 1879-1913 bei durchschnittlich 848.000 kg, wovon 535.000 auf Europa entfielen: Das Gros (214.000 kg) wurde für Messer- und Besteckgriffe verarbeitet, gefolgt von Kämmen (138.000 kg), Klaviaturen (112.000 kg) und Billardkugeln (42.000 kg). 29.000 kg entfielen auf Handgriffe für Bürsten sowie auf Werkzeuge, Türschnallen und andere industriell gefertigte Produkte. Im gleichen Zeitraum verarbeiteten europäische Elfenbein-Schnitzer lediglich 6000 kg. Eine Menge, die wohl auch repräsentativ für vorangegangene Jahrhunderte stehen dürfte.

Als Werkstoff fordert Elfenbein handwerkliche Meisterschaft, wie die wenigen, gegenwärtig zumeist in Museen verwahrten Kunstkammerobjekte bezeugen. In der Plastik blieb Bronze das bevorzugte Material, erst im nachfolgenden Barock gelangte die Elfenbein-Schnitzkunst zur Hochblüte.

Springen auf musealem Niveau

Ein außergewöhnlich schönes Exemplar gelangt am 9. November "im Kinsky" im Zuge der 81. Kunstauktion zur Versteigerung. In seiner qualitätsvollen Ausführung springt der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts geschnitzte Hengst auf einem in der Sammlung des Kunsthistorischen Museums Wien vergleichbaren Qualitätsniveau.

Schon deshalb vermutet Kinsky-Experin Roswitha Holly den (bislang) unbekannten Auftraggeber aus dem Umfeld des Wiener Hofes. Auch, weil Elfenbeinarbeiten dieser Güte und in jener Zeit zu nur für einen überschaubaren Personenkreis finanzierbaren Kost-barkeiten zählten. Die sichtbaren Nahtstellen ergaben sich durch das Zusammenfügen der Elfenbeinteile, der Zustand sei einwandfrei. Aufgrund der künstlerisch außergewöhnlich exakten Bearbeitung wähnt sie eine Zuchtlinie zum legendären kaiserli- chen Kammerbeinstecher Matthias Steinl oder seinem Umkreis. Das schürt definitiv merkantile Erwartungen, konkret ein Einspielergebnis von 15.000 bis 30.000 Euro. Zumindest. (kron/ DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.11.2010)