Reykjavík/Wien - Die isländische Regierung war noch nie so unbeliebt. Nur ein knappes Drittel der Isländer unterstützt sie laut einer aktuellen Umfrage. Jede Woche versammeln sich hunderte Menschen vor dem Parlament in Reykjavík, um für die Abwahl des Kabinetts zu protestieren.

Für den EU-Beitritt Islands, das zentrale Projekt von Premierministerin Jóhanna Sigurdardóttir, gibt es jedoch Hoffnung. Rund 60 Prozent der Wähler wollen, dass zumindest die Beitrittgespräche abgeschlossen werden.

Dies hatte im Sommer anders ausgesehen. Eine Kampagne der Zeitung Morgunbladid und der Fischereilobby gegen den EU-Beitritt ließ Pro-Europäer fürchten, die schlechten Zustimmungswerte der Regierung könnten auch die Beitrittsverhandlungen kippen.

Die Umfragen stimmen Regierungsvertreter nun zuversichtlich. Ende des Monats sollen die offiziellen Gespräche in Brüssel beginnen, so eine Sprecherin des Außenamtes. Am 27. November wählt das Volk zudem einen Verfassungskonvent. Dieser soll die Konstitution der Insel überarbeiten, um einen EU-Beitritt zu erlauben. Die Chance dafür stünden gut, sagen Politikwissenschafter in Reykjavík. (fan, DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2010)