(An der Theke zwei Männer um die fünfzig, der erste Bier, der zweite Rotwein trinkend. Beide lesen die "Kronen Zeitung".)


ROTWEIN (zu BIER, von einer Welle der Empörung getragen): Ich frage Sie, Bier: Ist dieser Botschafter völlig durchgeknallt?

BIER (ebenso): Da gibt es, Rotwein, nur eine Antwort: Dieser Botschafter muss sofort verschwinden!

ROTWEIN: Genau. Solche Aussagen sind ein Affront der Sonderklasse! Noch dazu von einem Türken! Auch die EU - BIER (auflachend): Die EU! Korruptionssumpf! Da sage ich nur: Volksbefragung! Die Herren in Brüssel würden sich anschauen!

ROTWEIN: Schon, aber in diesem Fall ... Diesmal muss man der EU recht geben. Der Fortschrittsbericht über die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zeigt nämlich nach wie vor gravierende Defizite in der Meinungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit auf. (Liest vor:) "Der Respekt vor und der Schutz der Minderheiten und kulturellen Rechten bleibt begrenzt." So ist das dort nämlich.

BIER: Verstehe. Das heißt ... Nicht ganz ... Können Sie's noch einmal vorlesen?

ROTWEIN: "Der Respekt vor und der Schutz der Minderheiten und kulturellen Rechten bleibt begrenzt."

BIER: Ah so.

ROTWEIN: Aber das verstehen die Türken natürlich nicht. Weil sie nicht Deutsch können.

BIER: Genau. Weigern sich ja, was zu lernen.

(Pause)

BIER: Können Sie's noch einmal vorlesen?

(Vorhang)

Material: "Kronen Zeitung", 11. November 2010, Seiten 2/3