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Kleinere Staaten sollen sich dem Vernehmen nach dem Drängen der Europäischen Zentralbank und großer Länder wie Deutschland widersetzen, den Hilfsfonds für die Iren rasch zu aktivieren.

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Brüssel - Finnland will eine Unterstützung des finanziell angeschlagenen Euro-Mitglieds Irland durch Milliarden-Hilfen der EU an Bedingungen knüpfen. "Wenn Irland finanzielle Unterstützung braucht, dann wird Finnland von der irischen Regierung Garantien einfordern", sagte Finanzminister Jyrki Katainen der "Welt". Diese Garantien seien nötig, um deutlich zu machen, "dass Irland allein für seine Schulden verantwortlich ist".

Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" ist in der Euro-Zone ein heftiger Streit über eine mögliche Kredithilfe für Irland ausgebrochen. Kleinere Staaten wie eben Finnland würden sich dem Drängen der Europäischen Zentralbank (EZB) und großer Länder wie Deutschland widersetzen, den Hilfsfonds für die Iren rasch zu aktivieren. Der gemeinsame Rettungsfonds EFSF (siehe dazu "Wissen") sei nur für akute Notfälle gedacht, Irland brauche aber bis Mitte 2011 kein Geld, hieß es in finnischen Regierungskreisen. Bevor der Fonds einspringen kann, müssen alle Euro-Länder Ja sagen.

Auch der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, habe erklärt, auf die Iren sollte kein Druck ausgeübt werden. Klarheit erwarten Anleger von der Sitzung der Euro-Gruppe am heutigen Dienstag in Brüssel. Im Mittelpunkt der planmäßigen Sitzung der Euro-Finanzchefs wird die Situation in Irland stehen, auch wenn Irland als Thema auf der Tagesordnung offiziell gar nicht genannt wird.

EU-Ratspräsident warnt

Mit eindringlichen Worten hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy von einem Auseinanderbrechen der Europäischen Union infolge der Euro-Schuldenkrise gewarnt. "Wir sind in einer Überlebenskrise. Wenn wir mit der Eurozone nicht überleben, werden wir auch mit der Europäischen Union nicht überleben", warnte er. Er sei aber "überzeugt" davon, "dass wir das überwinden werden".

Van Rompuy betonte in Hinblick auf Kritik an einer stärkeren Regierungszusammenarbeit der EU-Staaten, es sei jetzt nicht der Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren, welches die richtige Methode sei. "Wir müssen alle zusammenarbeiten, um mit der Eurozone zu überleben."

In Hinblick auf die Rettung Griechenlands durch die EU und den Internationalen Währungsfonds (IWF) betonte Van Rompuy, die "Überlebens-Krise" der Eurozone "ist noch nicht vorbei". Ohne die Probleme des hoch verschuldeten Irland oder von Portugal namentlich zu nennen, betonte Van Rompuy, die EU habe in der Eurozonen-Krise bisher Entschlossenheit gezeigt. "Wir werden das wieder zeigen müssen."

EU-Kommission sieht keine Notlage

Im Falle Irlands sieht die EU-Kommission derzeit keine Notlage, wurde indes gestern abend um Beruhigung gerungen. "Der Bedarf ist bis Sommer nächsten Jahres gedeckt", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn mit Blick auf Irlands Versorgung mit Krediten. Die Lage der öffentlichen Finanzen in dem Land sei aber "ernst". Die Kommission sei mit den irischen Behörden in engem Kontakt. Das sei normal, es werde dabei kein Hilfsprogramm verhandelt.

Vier-Jahres-Plan

Irland bestätigte, Gespräche auf internationaler Ebene über die "gegenwärtige Marktsituation" zu führen. Das Land habe aber keinerlei Antrag auf externe Hilfe gestellt, betonte ein Sprecher des Finanzministeriums in Dublin. Die Regierung setze ihre Arbeit am Haushalt 2011 sowie an einem Vier-Jahres-Plan fort. Beides solle am 7. Dezember vorgestellt werden. "Ich hoffe, dass nach dem Ecofin-Treffen an diesem Nachmittag und morgen mehr Logik in die Angelegenheit einkehrt", sagte heute der für Europa-Angelegenheiten zuständige irische Staatssekretär Dick Roche dem britischen Radiosender BBC. "Es gibt keinen Grund, warum wir eine Rettung durch den IWF oder die EU in Anspruch nehmen sollten", beruhigt auch er. Es gebe definitiv ein Problem mit der Liquidität von Banken. "Ich denke nicht, dass die geeignete Antwort darauf wäre, dass die europäischen Finanzminister in Panik geraten", sagte Roche.

Spekulationen über bevorstehende Irland-Hilfe

Vor Beginn der Sitzung der Euro-Gruppe am späteren Dienstagnachmittag wird allerdings spekuliert, dass ein Antrag Irlands auf Schutz unter den Euro-Rettungsschirm unmittelbar bevorstehen könnte. In EU-Kreisen wird die Situation des Landes als "extrem ernst" eingestuft, so die Austria Presseagentur, die sich auf EU-Kreise beruft. EU-Wirtschaftskommmissar Olli Rehn rechnet auf jeden Fall damit, dass die Euro-Länder Irland dabei Unterstützung leisten, seine Probleme mit dem Bankensektor zu lösen. Die EU arbeite gemeinsam mit der EZB, dem IWF und den irischen Regierungsstellen daran, die "ernsten Probleme" im irischen Bankensektor zu lösen, sagte Rehn vor einem Treffen der Euro-Finanzminister: "Ich erwarte, dass die Eurogruppe dieses Ziel unterstützt. Das ist keine Frage des Überlebens für den Euro. Das ist eine Frage von sehr ernsten Problemen des Bankensektors von Irland", fügte er hinzu.

80 Milliarden an Hilfsgeldern

Es sei zu bedenken, dass Irland unter Druck gesetzt worden sei, begonnen von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso über die Europäische Zentralbank bis zu wichtigen EU-Staaten, die sich beim jüngsten G-20-Gipfel in Seoul in Richtung Hilfsmaßnahmen geäußert hätten, heißt es. Voraussetzung für die Annahme eines Antrags sei auch, dass Irland ein Konsolidierungsprogramm vorlegen müsse. Die Dimension sei enorm, die kolportierten Hilfsgelder würden sich in einer Höhe bis zu 80 Milliarden Euro bewegen. Mit einer Aufnahme Irlands in den Rettungsschirm würde es auch ein Signal an die Märkte geben.

EZB-Vizepräsident Vitor Constancio indes sieht keine von Irland ausgehende Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder wie Portugal. Selbst wenn Irland um Finanzhilfen bitten sollte, würde dies andere Staaten der Währungsunion nicht unbedingt unter Druck setzen, dies auch zu tun, sagte Constancio am Dienstag am Rande einer Finanzkonferenz in Frankfurt. "Wenn die Iren die EU und den IWF anzapfen wollen, dann weil sie der Meinung sind, dass das die Lage stabilisiert. Aber das müssen sie selbst beurteilen", sagte der zweite Mann an der Spitze der Europäischen Zentralbank. (Reuters/rb, derStandard.at, 16.11.2010)