Es sind die stillen Energiefelder von Bad Eisenkappel, die gestressten Städtern Muße bringen. Die Kärntner Gemeinde ist Österreichs südlichster Kur- und Luftkurort. Dennoch ist hier nicht nur die Idylle zu Hause. Jobs sind rar, deshalb pendeln viele oder wandern ab. "Reißaus nehmen mittlerweile nicht nur jene, die studieren", erzählt Beatrice Bednar vom Umweltbüro Klagenfurt.

Eine Entwicklung, die auch in anderen Kärntner Regionen mitverfolgt werden kann, weiß die Landschaftsplanerin. Brain drain, mangelnde Infrastruktur oder Überalterung: Weil dies auch für Jugendliche neue Herausforderungen birgt, kam im Vorjahr ein ambitioniertes Schülerprojekt ins Rollen. 40 Schüler aus Kärnten, Friaul und Slowenien analysieren bis 2011 im Projekt "My featured space" ihren Lebensraum.

Im vom Wissenschaftsministerium (Programm Sparkling Science) und dem Land Kärnten (Programm Leader+) geförderten Projekt erkunden sie wirtschaftliche, soziale und ökologische Zusammenhänge. Arbeitssprache ist Englisch. Vier der sieben charakteristischen Projektregionen liegen in Kärnten, zwei in Slowenien, eine in Italien. Neben Analysefähigkeiten ist auch gestalterisches Talent bei den Teilnehmern gefragt: Im Frühjahr müssen die 16- bis 19-jährigen präsentieren, wie eine bessere Zukunft für die ländlichen Regionen aussehen könnte. "Es geht nicht um total abgehobene Projektideen", versichert Bednar. Vielmehr um realistische Szenarien, "aus denen kleine Pilotprojekte entstehen".

Auf österreichischer Seite sind die Handelsakademien Spittal/Drau und Völkermarkt , die höhere land- und forstwirtschaftliche Schule Pitzelstätten sowie die HLW Hermagor in das Schülerprojekt eingebunden. Aus Slowenien sind Gymnasien aus Jesenice und Kranj vertreten. Dass auch Jugendliche aus dem italienischen Gemona mit von der Partie sind, ist ein kleiner Achtungserfolg: Viele Lehrer haben dort nur Einjahresverträge.

Sieben Projektregionen wurden ausgesucht. In Kärnten fiel die Wahl auf Spittal, Hermagor, Bad Eisenkappel und das Lesachtal. In Italien schickte man Val di Resia ins Rennen, Planino pod Golico und Preddvor in Nordslowenien. Zunächst holten die Schüler in filmischen Interviews ein lebensnahes Bild der Regionen ein. In Bad Eisenkappel etwa gibt es trotz fehlender Jobs ein tolles Sozialgefüge. "In der tourismusstarken Region Hermagor dafür ausgezeichnete Kontakte zur Wirtschaft", nennt Bednar ein Beispiel dafür, was die Schüler in Interviews mit Bürgermeistern, Polizisten oder anderen Schülern herausfanden.

Rollenverteilung

Streng sozialwissenschaftlich ging es auch weiter. Die Projektteams brachten Parameter wie die Innovationskraft der jeweiligen Gemeindepolitik oder das Freizeitangebot in einer Systemmatrix miteinander in Beziehung. Darauf aufbauend entwickelten die Schüler mit dem Institut für Informatik-Systeme der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt ein Computerspiel. Egal, ob man nun in die virtuelle Rolle des Bürgermeisters oder eines Umweltaktivisten schlüpft: "Die Schüler sehen so die Auswirkungen von Regionalentwicklungsprojekten", erklärt Bednar.

Edwin Reiter besucht mit seinen 18 Jahren die HAK Spittal. Er hat viele Freunde, "die hier wegwollen", erzählt er. Er selbst fühle sich seiner Region aber sehr verbunden - deshalb nehme er an dem Projekt teil. Kristin Huber, ebenfalls 18, arbeitet mit ihrem Team im Lesachtal. Sie schätzt den regen Austausch mit anderen Schülern: "In Workshops lernen wir die Sprachen und Kulturen kennen", sagt sie.

Welche Ideen es in die engere Auswahl schaffen, zeigt sich im Frühjahr. Eine junge Modelinie, die Trachtenelemente der drei Regionen aufgreift und in Jeanslooks einbaut, könnte etwa zur Imageveränderung der Grenzregionen beitragen. Grenzüberschreitende Jugendfestivals wiederum würden entlegenere Orte auf die Landkarte rücken und die Tür zum Nachbarn öffnen. Letztlich liegt der Ball bei den Gemeinden. Sie entscheiden, für welche Projekte es grünes Licht gibt. (Daniel Pohselt//DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2010)