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Schlagzeilen in Dublin: Wir lassen uns nicht einschüchtern.

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Gier ist derzeit keine Kategorie, die in Dublin diskutiert wird - jetzt geht es eher um die Folgen.

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Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann richtete indes heute einen flammenden Appell an die EU. Es sei "alles zu tun, um jedes Land in Schwierigkeiten aufzufangen". Europa sei "jeden Preis wert".

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Brüssel - Irland hat seinen Widerstand gegen EU-Hilfe in der Schuldenkrise aufgegeben und wird nun möglicherweise doch unter den europäischen Schutzschirm schlüpfen. Es sei nicht auszuschließen, dass sein Land auf Unterstützung der Euro-Zone zurückgreifen müsse, räumte Irlands Finanzminister Brian Lenihan am Mittwoch vor dem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel ein. Die irische Regierung hat zwar bislang keinen offiziellen Antrag auf Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds gestellt, doch die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. sagte Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch, warnte aber vor einem überstürzten Handeln.

Die Gespräche mit Irland werden nach seinen Aussagen intensiviert. Es gehe darum, die nötigen Reorganisationen und Restrukturierungen des Bankensektors vorzubereiten. Damit solle das Vertrauen in die irische Wirtschaft wiederhergestellt und die Finanzstabilität in Europa gesichert werden, sagte Rehn. Die EU macht allerdings nach Worten von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso keinen Druck auf Irland, Hilfe aus dem Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen. Irland habe aber "ein sehr spezielles Problem" mit seinen Banken und müsse dieses "schnell und entschlossen angehen, um die Glaubwürdigkeit wieder voll herzustellen", sagte Barroso. Ob und wann Irland den Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen werde, müssten jetzt die Experten von EU und IWF in Dublin gemeinsam mit der irischen Regierung entscheiden, sagte Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) nach dem Treffen.

Bankensektor in den Griff bekommen

Schon am Donnerstag sollen Gespräche mit der EU, dem IWF und der Europäischen Zentralbank darüber beginnen, wie das hoch verschuldete Land die Krise im Bankensektor in den Griff bekommen kann. Auch Großbritannien will Irland unter die Arme greifen.

"Großbritannien steht bereit, Irland zu unterstützen, um Stabilität in sein Bankensystem zurückzubringen", sagte der britische Schatzkanzler George Osborne. Ein wirtschaftlich gesunder Nachbar Irland sei im Interesse seines Landes. Großbritannien gehört zur EU, hat aber nicht den Euro eingeführt. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, "dass in einer konkreten Lage natürlich auch mit anderen Staaten, die nicht der Euro-Zone angehören, geredet wird".

Als möglichen Grund für das zögerliche Handeln Irlands bei der Frage nach einer EU-Hilfe sehen viele Kommentatoren die Nachwahl zum Parlament am 25. November. Die irische Regierung würde keinen Schaden mehr nehmen, wenn sie erst nach den Wahlen als Bittstellerin in Brüssel auftritt, hieß es heute im Oe1-Morgenjournal. Außerdem könnte der Inselstaat auf Zeit spielen, um das Maximum herauszuholen. Verhandelt werden kann nämlich nur bis zum Hilfs-Antrag. Besonders seinen Ruf als Steuerparadies fürchte das Land zu verlieren.

Beispielloses Hilfspaket

Europa will den Iren mit einem beispiellosen Hilfspaket unter die Arme greifen. Nach Griechenland kann Irland dann als zweites Euro-Mitglied Notfallhilfen erhalten - die Gelder sollen in diesem Fall aber nur in die Rettung des maroden Bankensystems fließen. Darauf einigten sich die Euro-Finanzminister. Am Mittwoch wurde im Kreis aller EU-Finanzchefs in Brüssel noch darüber beraten. Sobald Dublin darum bittet, werden EU und IWF Kredite bereitstellen.

Nach Expertenschätzung könnten sich die Hilfen auf 60 bis 100 Mrd. Euro summieren - ähnlich hoch wie das 110 Mrd. Euro schwere Hilfspaket für Griechenland, das im Mai geschnürt wurde und von Athen auch genutzt wird. Allein für die Sanierung seiner kriselnden Banken benötigt Irland bis zu 50 Mrd. Euro.

Übergreifen der Krise verhindern

In der sich zuspitzenden Schuldenkrise sieht Europa sich zu dieser dramatischen Aktion gezwungen, um ein Übergreifen der Krise auf andere Wackelkandidaten wie Spanien oder Portugal zu verhindern. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy warnte vor einer Überlebenskrise der EU. "Wenn die Euro-Zone nicht überlebt, wird auch die Europäische Union nicht überleben", sagte er. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel widersprach: "Ich glaube nicht, dass die Eurozone gefährdet ist. Aber wir haben doch Turbulenzen und Situationen, die habe ich mir auch vor eineinhalb Jahren nicht träumen lassen", sagte die CDU-Politikerin in einem ARD-Interview.

Das Geld für Irland könnte aus dem insgesamt 750 Mrd. Euro schweren Euro-Rettungsschirm kommen. Im Frühjahr hatte die EU nach der Hilfe für Griechenland diesen Schirm gespannt. Damit sollen unter der Schuldenlast taumelnden Euro-Staaten Milliardenbeträge geliehen werden, um eine Staatspleite zu umschiffen. Bevor der Fonds einspringen kann, müssen alle Euro-Länder zustimmen. Da Dublin aber die damit verbundenen Reformauflagen vermeiden will, wird der Inselstaat wohl nur Hilfe für seine Banken anfordern und nicht für den Staat. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann rief indes heute die EU auf, "alles zu tun, um jedes Land in Schwierigkeiten aufzufangen". Europa sei "jeden Preis wert". (derStandard.at, 17.11.2010)