ModeratorIn: Wir begrüßen die designierte Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin von Wien, Maria Vassilakou, zugleich Parteiobfrau der Hauptstadt-Grünen, zum Chat.

Maria Vassilakou: Einen schönen Mittag wünsche ich allen. Ich freue mich auf Ihre Fragen.

hismaster: Wird die Mariahilferstrasse zur Fußgängerzone?

Maria Vassilakou: Ja. Für Fußgänger und Radfahrer. Dazu kommt ein eigenes Verkehrskonzept damit die umliegenden Straßen nicht im Autoverkehr ersticken.

montone: ich wohne derzeit im 19. bezirk und besitze einen pkw. ich studiere derzeit noch und arbeite nebenbei teilzeit. muss ich in zukunft parkgebühren befürchten?

Maria Vassilakou: Hängt davon ab, wo Sie im 19. wohnen und wofür sich Ihre Bezirksvertretung entscheidet. Mal sehen was Adi Tiller dazu sagt ;-)

auriumius: Sg. Frau Vassilakou, meiner Meinung nach wären verbilligte (Jahres/Monats)Tickets eine sehr attraktive Investition in die öffentlichen Verkehrsmittel. Glauben Sie, dass das realsierbar ist?

Maria Vassilakou: Ich teile Ihre Meinung absolut und ja, ich glaube, dass es realisierbar ist innerhalb der nächsten 5 Jahre. Vorausgesetzt die Konjunktur erholt sich und damit auch die Einnahmen der Stadt.

ModeratorIn: In einer Legislaturperiode lassen sich in der Wiener Verwaltung mindestens 500 Millionen Euro einsparen, sagt der Ex-Rechnungshofpräsident. Wird das unter Rot-Grün nun umgesetzt?

Maria Vassilakou: Es lassen sich weit mehr als 500 Mio Euro in einer Legislaturperiode in der Verwaltung einsparen. Diesem Unterfangen wollen wir uns auch verstärkt widmen und ich bin zuversichtlich, dass das auch gelingt. Vor allem durch den Abbau von Parallelstrukturen und durch kluge Strukturmaßnahmen im Gesundheitsbereich der derzeit immense Finanzmittel verschlingt.

ModeratorIn: Frage per E-Mail: Sind Sie der Meinung, dass die in Österreich lebende AusländerInnen nur dann erfolgreich werden können, wenn sie sich in die österreichische Gesellschaft voll integrieren?

Maria Vassilakou: Kommt darauf an was Sie unter voll integrieren verstehen. Wichtig ist dass mitgebrachte Qualifikationen anerkannt werden, dass es nach kanadischem Vorbild eine enge Begleitung und Beratung von Neuzuwanderern in den ersten Jahren gibt und dass man die Chance erhält, gleich zu Beginn gute Deutschkenntnisse zu erwerben. Dann findet man und frau den eigenen Weg in Österreich schon selber.

Unpolitisch: Für Zuwanderer wurde in den Koalitionsverhandlungen ein "Wiener Vertrag" vereinbart. Für mich ist das ein zweischneidiges Schwert. Meistens zieht ein "Vertragsbruch" Sanktionen nach sich. Und gerade in Österreich werden diese Sanktionen zum Nachteil

Maria Vassilakou: Dieser Punkt kommt von mir! Hat überhaupt nichts mit Sanktionen und dergleichen zu tun. Es ist eine Willkommensgeste für Neuzuwanderer, ein kleiner feierlicher Akt mit dem sie als Mitglieder der wiener Gesellschaft begrüßt werden. Darin sind wesentliche Bekenntnisse und Leistungen der Stadt zu einer vernünftigen weltoffenen Integrationspolitik enthalten. Zentral ist der Respekt für einander im Alltag. Solche kleinen Zeremonien gibt es in vielen Städten in ganz Europa und die funktionieren wunderbar. Von Sanktionen kann nicht die Rede sein.

Zocker aus Leidenschaft: Grüßgott, meine Frage: Werden die Tickets der Wiener Linien billiger?

Maria Vassilakou: Geben Sie mir ein paar Monate Zeit. Bis dahin wird die Task Force zur Erarbeitung der Tarifreform für die Wiener Linien Ergebnisse vorgelegt haben und dann kann ich konkretes sagen.

rattlesnake87: Werden die "Fahrkarten für Fahrräder" und die zeitlichen Begrenzungen in den Öffis abgeschafft oder zumindest etwas Fahrrad-freundlicher gestaltet werden?

Maria Vassilakou: Sie sagen es! Das und vieles mehr nehme ich auf alle Fälle in die Gespräche für die Tarifreform mit.

stub: Wollen Sie wirklich die Kurzparkzone auf ganz Wien erweitern?

Maria Vassilakou: Wir wollen die Parkraumbewirtschaftung überall dort ausweiten wo sie seitens des Bezirks als sinnvoll und notwendig erachtet wird. Ein Beispiel: Im 17. wo ich wohne, leiden etliche Teile des Bezirks an Verkehrsüberlastung aufgrund des PendlerInnenverkehrs aus dem Umland. Die Ausweitung der Parkpickerlzonen bedeutet dass man entweder bereits am Stadtrand in die Öffis umsteigt oder überhaupt gar eine andere Route auswählt und schon in NÖ in die S-Bahn umsteigt. 220 000 Pendlerautos täglich nach Wien sind ein großes Problem das wir angehen müssen.

John Malkovich: s. g. Fr. Vizebürgermeisterin. Im rotgrünen übeineinkommen ist gerade mal nur noch explizit vermerkt worden die Tarifstruktur der Wr. Linien soll "überprüft" werden... hier ist von keiner expliziten Senkung mehr die Rede. Was bleibt, außer dem Unmut

Maria Vassilakou: Vereinbart wurde eine Task Force die sofort mit dem Arbeiten beginnt und innerhalb weniger Monate konkrete Vorschläge für eine Tarifreform ausarbeiten soll. Ziel ist es, Monats- und Jahreskarten attraktiver zu machen, sowie ökologische und soziale Aspekte bei der Tarifgestaltung verstärkt zu berücksichtigen. Das vor dem Hintergrund einer sehr angespannten Budgetsituation wo die Stadt viel sparen wird müssen in den kommenden Jahren. Ich bin stolz auf dieses Ergebnis und wir werden von unserem Vorhaben die Öffis drastisch billiger zu machen nicht abrücken. Wir haben ja noch ganze 5 Jahre Zeit. Vergessen Sie übrigens eines nicht: Wir bilden leider leider keine grüne Alleinregierung. Ist sich diesmal nicht ausgegangen ;-)

Misery Goat: Gibt es bei den Grünen nicht auch die Angst, als Juniorpartner unter die (roten) Räder zu kommen, so wie es Joschka Fischer in seiner Biografie beschrieben hat?

Maria Vassilakou: Angst ist mir fremd. Die Herausforderung sehe ich schon.

Misery Goat: Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, dass die Rechtsaußenparteien unter einer Rot-Grünen Stadtregierung noch stärker werden? Kann dem mit sachlicher Arbeit überhaupt entgegengewirkt werden?

Maria Vassilakou: Ich bin überzeugt davon, dass die Ergebnisse der Freiheitlichen zu einem überwiegenden Teil auf Protest zurückzuführen sind und nicht auf tief verwurzelten Rassismus. Es braucht gute Schulen, Perspektiven, Arbeitsplätze, kurzum ein Klima in dem man wieder zuversichtlich in die Zukunft blickt. Packen wir es an! Ich habe es satt, dass ständig darüber gesprochen wird. Wir wollen 5 Jahre lang handeln und der FPÖ den Wind aus den Segeln nehmen.

2545dd05-2c12-46b4-9311-ba33f27ecf65: wie stark ist VdB nun in seinem neuen amt mit der stadt Wien verbunden? so wie sich das nun für mich anhört hat er nun doch eine eher bundesweite aufgabe übernommen und hätte dann in gewisser weise doch die vielen vorzugsstimmen übergangen.

Maria Vassilakou: Er ist unmittelbar eingebunden und hat auch schon begonnen am wiener rot-grünen-Projekt zu arbeiten. Die Unis aber auch die außeruniversitäre Forschung brauchen dringend Unterstützung, wenn wir nicht wollen, dass der Uni Standort Wien massiv beschädigt wird. Da ist er der richtige Ansprechpartner der das Team der Stadt Wien in diesem Bereich verstärken wird. Ich bin stolz, dass er mitmacht.

ModeratorIn: Frage per E-Mail: in nächster Zeit soll eine Hundezone am Heldenplatz errichtet werden, allerdings nur mit einer, verglichen zur möglichen nutzbaren, verschwindend kleinen Fläche! Warum ist es am Heldenplatz nicht möglich Freiraum für Hunde zu schaf

Maria Vassilakou: Sie sprechen mir aus dem Herzen, zumal die Hundezone am Heldenplatz auch von mir und Rico sehr stark genutzt wird. Leider hat die Stadt hier keine Gestaltungsmöglichkeiten. Das Areal gehört dem Bund.

vonFrundsberg: Sehr geehrte Frau Vassilakou. Was wollen Sie im Bereich der Integration ausländischer Zuwanderer unternemhen um einen Gegenpol zur FPÖ zu schaffen? Sind Vorschläge wie zB Höchstzahl von Kinder mit Migrationshintergrund in Schulklassen denkbar?

Maria Vassilakou: Wollen wir uns endlich einmal bitte von der FPÖ befreien?! Ich will mit meiner Integrationspolitik nur eines: aus Zuwanderern stolze, glückliche Wiener machen, die sich mit der Stadt identifizieren. Und ich arbeite an einem Wien zu dem wir alle dazu gehören können. Das bedeutet vor allem auch in Schulen zu investieren. Nahezu 50% aller wiener Kinder haben eine andere Muttersprache als Deutsch. Aufgabe unserer Schulen ist daher dafür zu sorgen, dass alle Kinder Deutsch auf Muttersprachenniveau erlernen und darüber hinaus gute Kenntnisse in einer weiteren Sprache nach Wahl erwerben. Dazu braucht es LehrerInnen, Nachmittagsbetreuung, moderne Unterrichtsmethoden und flächendeckenden Kindergartenbesuch in den letzten 2 Jahren. All das findet sich im Regierungsübereinkommen. "Ausländerquoten" bringen Kindern keine Sprachen bei, sondern LehrerInnen!

ModeratorIn: Userfrage per E-Mail: Sind sie auch für einen verpflichtenden Ganztagskinderkrippen oder Kindergartenbesuch spätestens ab dem 3. Lebensjahr, da nur so eine sinnvolle Integration stattfinden kann?

Maria Vassilakou: Ich bin für den verpflichtenden Kindergartenbesuch ab dem 3. Lebensjahr. Nicht nur wegen der Deutschkenntnisse sondern auch wegen dem Erwerben wesentlicher sozialer Fertigkeiten und auch wegen der Vorbereitung auf den Schuleintritt. Kinder sind kein Eigentum, wir haben die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass sie bestmögliche Bildung erhalten und das so früh wie möglich. Das ist mein Zugang.

kulturelle unzulänglichkeit: Erst mal Gratulation zur Frau Vizebürgermeisterin! Meiner Meinung nach wird die Glaubwürdigkeit der Grünen durch die Divergenz zwischen Vor-der-Wahl-Versprechungen versus Nach-der-Wahl-Revidieren sehr gefährdet (Stichwort Augartenspitz). Ist Ihnen P

Maria Vassilakou: Ich teile Ihre Einschätzung nicht! Parteien gehen in die Wahl mit all ihren Grundsätzen und ihren Konzepten und vermitteln eine Welt die sie erschaffen würden wenn sie alleine eine Regierung bilden würden. Wenn man nach der Wahl in eine Koalition mit einer anderen politischen Kraft regiert, so liegt es auf der Hand, dass man nicht alle eigenen Vorstellungen umsetzen wird können sondern einen Teil davon. Aber Hallo, das ist ein Teil den es sonst nicht geben würde! Die Alternative wäre nach Ihrer Logik, die Grünen müssen so lange in der Opposition bleiben bis sie eine Alleinregierung bilden können. Was ist denn das für eine Politikvorstellung?

blumenrock: Bekommt Wien Konsumräume um die Drogenszene aus der Öffenltichkeit zu holen?

Maria Vassilakou: Persönlich würde ich Konsumräume befürworten, denn das ist in der Tat der einzige Weg um sicher zu stellen dass drogenkranke Menschen sich nicht infizieren, nicht sterben und auch schneller den Weg in ein Entwöhnungs- und Wiedereingliederungsprogramm finden würden. Hier braucht es noch Überzeugungsarbeit. Nicht nur in der Politik auch in der Gesellschaft.

tizi27: Was gedenken Sie im Bezug auf den Augartenspitz weiter zu unternehmen?

Maria Vassilakou: Sofort in Angriff nehmen was schon längst hätte passieren müssen. Alle Seiten an einen Tisch bringen und retten was zu retten ist. Schade, dass diese Chance in den vergangenen Jahren vertan wurde. Jetzt sind die Spielräume für die Politik leider extrem verknappt. Aber auch jetzt noch kann das eine oder andere Anliegen der AnrainerInnen respektiert und umgesetzt werden, wenn der Dialog rasch aufgenommen wird.

ModeratorIn: Frage per E-Mail: Wie lange, glauben Sie, wird der Bund mit Häupl halten? Es wird ihm ja ein gewisses machtbewusstes Selbstverständnis nachgesagt...

Maria Vassilakou: Mir wird auch ein gewisses machtbewusstes Selbstverständnis nachgesagt. Das trifft sich gut...

Fantastic Fox: Tiefgarage der Wiener Städtischen in der Zelinkagasse unter öffentlichem Grund - ohne Grätzelbefragung. Die Anwohner werden "überfahren". Wie stehen Sie dazu, Frau Vassilakou? Und was werden Sie tun, um an dieser ganz konkreten Stelle ein direktdemo

Maria Vassilakou: Zunächst meine grundsätzliche Haltung: keine Garage ohne AnrainerInnenbefragung. Was den konkreten Fall anlangt, kann ich mehr sagen wenn ich das Ressort übernommen habe.

greenling: Ab wann ist damit zu rechnen, dass die Mariahilferstraße Fußgängerzone wird?

Maria Vassilakou: 2013 ist meines Wissens der aktuelle Plan. Wenn es nach mir geht, je früher desto besser, aber auch hier gilt, ich übernehme das Ressort erst am 25.11. und danach kann ich mir den Überblick verschaffen über das konkrete Planungsstadium einzelner Projekte.

Walter KURTZ: Sie sind studierte Sprachwissenschafterin. Was macht Sie im designierten Ressort (immerhin neben dem Finanzressort das wichtigste der Stadt) kompetenter als Ihren Vorgänger DI Schicker, seines Zeichens studierter Raumplaner?

Maria Vassilakou: Helmut Zilk war Lehrer. Und wen interessiert es heute noch?

africola: Die deutschen Grünen haben sich zu einer Mehrheitspartei entwickelt, ganz bewusst. Könnte das auch ein Ziel der österreichischen Grünen werden?

Maria Vassilakou: Ich meine folgendes: Wir müssen in die Mitte der Gesellschaft hineinwachsen, allerdings ist es grundfalsch, wenn man annimmt, dass die Mitte der Gesellschaft etwas Starres wäre mit unabänderlichen politischen Vorstellungen. Also wollen wir in die Mitte der Gesellschaft wachsen, indem wir diese von unseren Grundwerten überzeugen: Ökologie, Solidarität, moderne Demokratie.

ModeratorIn: An dieser Stelle beendet derStandard.at seinen Chat mit der neuen Wiener Vizebürgermeisterin. Herzlichen Dank an Maria Vassilakou, die sich allen gesellschafts- und verkehrspolitischen Fragen gestellt hat.

Maria Vassilakou: Danke für die vielen Fragen. Stadtentwicklung und Energiepolitik habt's ganz ausgespart. Das nächste Mal dann.