Norbert Lerch vor der Skyline Tokios. "Die Dimension der Stadt ist ein Wahnsinn."

Foto: Österreich Werbung

Als Marketing Manager Asien unternimmt Lerch Studienreisen nach Österreich mit Tourismusvertretern und Journalisten aus Asien.

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Das Team der Österreich Werbung in Tokio besteht aus den zwei Österreichern Michael Strasser (rechts) und Norbert Lerch (2. v. r.) sowie vier japanischen Mitarbeitern.

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Wenn Norbert Lerch am Wochenende mit seiner Vespa durch die Stadtviertel Tokios kurvt, taucht er jedes Mal wieder in eine andere Welt ein. Die gelungene Brücke zwischen Tradition und Moderne hat es ihm angetan: "In den Teehäusern trifft man auf Einheimische im Kimono, in der U-Bahn auf hippe junge Leute." Trotz der Menschenmassen und des Verkehrs strahle die 35-Millionen-Einwohner-Stadt eine gewisse Ruhe aus. "Niemand hetzt hier herum, den Autofahrern ist das Hupen verboten." Neben überlaufenen Plätzen stoße man auch auf stille Orte - wenn man es nur zulasse.

Marketing Manager Asien

Beruflich ist es Norbert Lerchs Aufgabe, sein Heimatland Österreich in der Ferne zu repräsentieren: Der 35-Jährige ist für die Österreich Werbung als Marketing Manager Asien tätig. Neben der Bearbeitung des asiatischen Marktes ist er für länderübergreifende Marketingprojekte innerhalb der Region verantwortlich, zu der neben Japan auch die arabischen Länder, China und Indien gehören. In Zusammenarbeit mit den Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer Österreich liegen auch Korea und Taiwan in seinem Verantwortungsbereich.

Im Büro der Österreich Werbung in Tokio sitzt Lerch gemeinsam mit seinem österreichischen Chef und vier japanischen Mitarbeitern. Das Team ist unter anderem für die Betreuung der Reisebranche, Presse- und Medienarbeit, Marketingkampagnen, öffentliche Österreich-Auftritte und die Wartung der Homepage verantwortlich. "Es macht mir großen Spaß in einem interkulturellen Umfeld zu arbeiten. Die Grundauffassung der Japaner ist es, stets mehr als 100 Prozent zu geben, zu Terminen erscheinen sie auf die Minute genau", sagt der Marketingexperte.

Lederhose und Tracht

Zu Lerchs Aufgaben gehört es mitunter, mit Tourismusvertretern aus Asien nach Österreich zu reisen, Messeauftritte, Medien- und Marketingkooperationen zu organisieren oder Newsletter zu erstellen. "Wenn man Marketing betreibt, ist man immer Generalist, wichtig sind dabei vernetztes Denken und Multitasking", findet er. Ein Auftritt in Tracht oder Lederhose gehört genauso dazu wie das Organisieren einer Veranstaltung mit alpenländischer Hausmannskost. "Das Schönste als Tourismusbotschafter Österreichs im Ausland ist das Strahlen in den Augen der Menschen, wenn sie von ihren tollen Reiseerlebnissen erzählen", sagt Lerch. Die Herausforderungen am japanischen Reisemarkt? "Bei der Reiseplanung muss man zum Beispiel beachten, dass die Japaner beim Einstieg in einen neuen Job nur zehn Tage Urlaub pro Jahr haben oder dass sie am liebsten in Gruppen reisen."

Kanada, Schweden, Schweiz

Der gebürtige Salzburger, der sich selbst als "Zugvogel" bezeichnet, war schon immer ein Weltenbummler. Nach der Matura zog es ihn acht Monate lang nach Kanada, wo er vor allem Marketing- und Englischkurse belegte. Zurück in Österreich studierte er Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Public Relations sowie Soziologie. Zwischendurch absolvierte er PR-Praktika am Flughafen Bremen und bei LTU in Düsseldorf, als Student arbeitete er am Flughafen Salzburg, unter anderem auch in der Pressestelle.

Für ein Postgraduate Studium ging er ins schwedische Göteborg, wo er sich weiter in Richtung Marketing und PR spezialisierte. "Ich wollte schon immer ins Ausland", sagt Lerch, "das war mir seit meiner ersten großen Reise nach Kanada klar." Bevor er im Februar 2010 nach Japan kam, war er für die Österreich Werbung vier Jahre lang in der Schweiz stationiert. Zwischendurch arbeitete er während der Fußball-Europameisterschaft 2008 als internationaler PR-Manager für dasselbe Unternehmen in Wien.

In andere Kulturen hineinfühlen

Um im Ausland beruflich Fuß zu fassen, müsse man flexibel und aufgeschlossen sein. "Meine Eltern haben mir außerdem Hausverstand, Ausgeglichenheit und positives Denken mitgegeben." Auch das Hineinfühlen in eine andere Kultur sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Man könne dann besser verstehen, wie ein Markt funktioniert. "In Japan wird zum Beispiel nicht das Gesprochene, sondern die zwischen den Zeilen stehende Botschaft vermittelt", erklärt Lerch.

Ausgezeichnete Englisch-Kenntnisse seien in seiner Position ein Muss, auch die grundsätzliche Bereitschaft neue Sprachen zu lernen gehöre dazu. "Außerdem suche ich den Kontakt zu den Einheimischen, ich will nicht nur von einem Expats-Umfeld umgeben sein." Vor allem Höflichkeit, ein respektvoller Umgang mit den Mitmenschen und Disziplin sind Tugenden, die der Salzburger an den Japanern schätzt. Und den ausgeprägten Servicegedanken. "In jedem Restaurant bekommt man als Gast automatisch ein Glas Wasser oder Grünen Tee und Feuchttücher."

Karaoke singen

Elf Flugstunden von der Heimat entfernt, versucht Lerch über Skype, Facebook und E-Mails den Kontakt zu Familie und Freunden zu halten. "Wenn man sich nach mehreren Monaten wieder sieht, schätzt man die gemeinsame Zeit umso mehr. Mit meinen Freunden ist es dann genauso, als hätten wir uns vor zwei Wochen das letzte Mal getroffen."

Die 35-Millionen-Einwohner-Metropole fasziniert den Salzburger immer wieder aufs Neue. "Die Dimension der Stadt ist ein Wahnsinn, besonders bei Nacht kommt Tokio erst richtig zur Geltung." Auch die hyperklinische Sauberkeit, die Grünflächen und Parkanlagen und die Vielfältigkeit Tokios beeindrucken ihn. "Es ist ein Privileg und eine einmalige Chance, hier zu arbeiten", ist Lerch überzeugt. Die Zeit vor Ort will er so gut es nur geht nutzen. Das berühmteste Klischee der japanischen Berufswelt hat er schon erfüllt: Zum Mikrofon greifen und Karaoke singen. (Maria Kapeller, derStandard.at, 4.11.2010)