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Eingebremst auf dem Arbeitsmarkt: Viele Absolventen schrecken vor Auslands-Engagements noch zurück. Dabei ist vor allem für junge Menschen ein Job außerhalb Österreichs oft ein Karrieresprungbrett.

Foto: AP Photo/Joerg Sarbach

"Man muss sich die Jungen anschauen", sagt Doris Faltner. "Wir bieten Boni und Weiterbildungsmöglichkeiten, aber wenn jemand kommt und nur die Hand aufhält, dann läuft was falsch. Zuerst muss eine Frage sein, und zwar: Was ist jemand bereit ins Unternehmen zu investieren?" Faltner ist Human Resources Managerin beim Immobilienentwickler Conwert. Und sie findet, dass gerade junge Bewerber zuhören, schauen und lernen sollten. Im Endeffekt sind es auch nur Menschen, die naturgemäß wissen wollen, wieviel sie verdienen werden. Auch Akademiker. Die Zahl der Arbeitslosen ist im August neuerlich gesunken, außer bei den Hochschul-Absolventen, wo die Arbeitslosigkeit um 4,8 Prozent gestiegen ist, auf rund 12.500.

Internationale Ausrichtung

So wichtig fachliche Qualifikation für Berufseinsteiger auch ist - wo man seinen Abschluss gemacht hat, an einer Uni oder Fachhochschule, hat häufig weniger Bedeutung als angenommen. Zwar wird, je nach Jobprofil, mitunter gezielt nach Absolventen spezifischer Studien gesucht, generelle Vorbehalte gegen bestimmte Ausbildungsvarianten gibt es jedoch selten. Faltner: "Man kann unsere Zielgruppe nicht über einen Kamm scheren, wir haben in der Hausverwaltung etwa auch Jus-Absolventen. Die spezialisierten Fachhochschulen sind logischerweise interessant für uns, Bewerber mit Wissen über Bauträgerbewertungen oder Raumordnung haben Vorteile."

Auch kein Geheimnis ist, dass Studienabgänger mit internationalem Focus bessere Jobchancen haben. Eine aktuelle Studie des Institutes für Bildungsforschung der Wirtschaft ("Außenwirtschaft und Humanressourcen") untermauert die Bedeutung des Exports für Österreich: Defizite hinsichtlich des Informationsgrades und des Wissensstandes über internationale Wirtschaftsthemen sorgen unter anderen für einen Export-Entgang von acht Milliarden Euro jährlich, das sind sechs Prozent des gesamten Außenhandel-Volumens. 

Wunderwuzzis herstellen

"Ein Wunderwuzzi ist kaum jemand, aber nicht nur in der Wirtschaft gibt es Wege abseits des klassischen BWL-Dogmas, auch in den Naturwissenschaften fordern Unternehmen zunehmend internationales Wissen", sagt Studienautor Kurt Schmid. Gerade Beschäftige mit Migrationshintergrund nützen interkulturelle Potenziale eher, seien langfristig in attraktiveren Berufsfeldern zu finden. Im Chemie-Kunststoffbereich oder im Maschinenanlagenbau suchen Firmen massiv Absolventen.

Wer den internationalen Anstrich bereits im Namen trägt, ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Für Berufseinsteiger warten attraktive Traineeprogramme in einem globalen Netzwerk. Das Projekt "Ernst & Young & You" bietet dreigestaffelte Weiterbildungsmaßnahmen: Learning on the job, Coaching, sowie Entsendungsprogramme ins Ausland für einen Blick über den Tellerrand. Gesucht werden neben Steuerberatern auch Wirtschaftsinformatiker, Finanz- und Versicherungsmathematiker oder Controller. Mit neuen Ausbildungsvarianten habe man zu kämpfen, vor allem mit der Bachelor- und Masterproblematik, heißt es von Seiten der Personalabteilung: "Was bringt ein Bewerber mit, wo muss ich ihn abholen?"

Bewerber mit internationaler Ausrichtung haben auch in der Pharmaindustrie gute Jobchancen. Beim Branchenriesen Roche sei eine Kombination aus naturwissenschaftlicher und wirtschaftwissenschaftlicher Ausbildung oft ein Vorteil. Die Berufserfahrung muss nicht einschlägig sein, wichtig sei, dass die Persönlichkeit profitiere. Was Roche zu bieten hat? "Wir sind die Nummer Eins am österreichischen Pharmamarkt und weltweit führend im Bereich der Krebsmedizin. Wir investieren nicht nur in Forschung und Entwicklung, sondern zählen heuer auch zu den besten Arbeitgebern Österreichs", sagt Roche-Personalentwicklerin Marlene Steinbacher-Haas.

Rekonstruktion von Lebenssinn

Weiterhin ein zuverlässiger Jobmotor sind freilich Gesundheits- und Sozialberufe: Und sie bieten auch Chancen, ein Leben völlig umzukrempeln. Etwa bei der Rettungsorganisation Grünes Kreuz. Voraussetzung für den Job ist ein dreimonatiger Rettungssanitäterkurs, irgendeine Berufserfahrung mit dem Auto wäre nicht schlecht. "Sei es Pizza-Flitzen, Pakete ausliefern oder PKW- Außendienst in einer Firma. Fremdsprachen sowie ein ansprechendes Äußeres und eine gewisse Extravertiertheit können auch nicht schaden", sagt Thomas Tögel, Ausbildungsleiter und Personalreferent beim Grünen Kreuz.

30 bis 50 Leute werden jährlich neu aufgenommen, 2009 bekam Tögel etwa 200 Bewerbungen. Grundvoraussetzung sei natürlich Stressresistenz und man müsse jemanden heben beziehungsweise aus dem ersten Stock heruntertragen können. Die Option, im Ausland Dienst abzuleisten, bestehe im Rettungswesen ebenfalls. Tögel: "Das Geld kann keine Motivation sein, aber wir unterstützen Menschen dabei, sich persönlich weiterzuentwickeln. Für den Job ist nicht einmal ein Lehrstellenabschluss nötig, aber helfen kann deswegen trotzdem nicht jeder." (vet, derStandard.at, 2.11.2010)