Ein Blick in die Kristallkugel hätte den Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik womöglich genau so viel verraten, wie ihre geplanten und durchgeführten Maßnahmen zur Krisen-Prävention. Mit dem Irland-Hilfspaket schreitet die EU bzw. die Eurozone jedenfalls weiter auf dem eingeschlagenen Weg der Bewältigung voran. Der Weg heißt einmal mehr Bankenrettung. Und das nicht zuletzt wegen der hohen Außenstände, die deutsche und französische Finanzinstitute in Irland, aber auch Portugal oder Spanien in ihren Bilanzen stehen haben. Auch wenn man nicht leugnen kann, dass es in Irland spezielle Probleme vor allem am Immobiliensektor gibt, die den Banken und dem Land letztendlich fast das Genick gebrochen haben: Die EU rettet sich mit ihrem Hilfspaket in erster Linie selbst.

Ins Zentrum rücken dabei wieder die versprochenen Mechanismen zu mehr Transparenz, zur Prophylaxe kommender Krisen und zu mehr Selbstreflexion an den Finanzmärkten. Irlands Banken beispielsweise haben die Stresstests der europäischen Bankenaufsicht CEBS diesen Sommer durchaus bestanden. Zwar landeten sie mit Platz 63 für die Bank of Ireland und Platz 74 für die Allied weit im unteren Spektrum der insgesamt 91 getesteten Banken, sie blieben aber selbst im Rezessionsszenario deutlich über der geforderten Schwelle beim Eigenkapital von sechs Prozent.

In Anbetracht dessen und angesichts des Hickhacks rund um den Stresstest und seine Veröffentlichung stellt sich also erneut die Frage, was die Stresstests eigentlich bringen. Vor allem wenn man bedenkt, dass es ja durchaus auch einige Kandidaten gab, die die theoretischen Szenarien nicht überstanden haben, allen voran fünf spanische Kreditinstitute. Was kann man dann aus den Ergebnissen des Stresstests herauslesen? Dass Spanien der nächste Rettungskandidat ist? Dass die Szenarien der Stresstests sowieso nichts aussagen und es jederzeit jeden treffen kann?

Was das alles bedeutet und vor allem was die bessere Alternative für Euro-Land, EU und die Wirtschaft ist, gehört wohl vor allem in die Welt des Esoterischen. Ein "Lernen aus der Krise" mit dem Blick in die Vergangenheit, funktioniert nun einmal nicht wirklich. Krisenszenarien sind, was sie sind: Szenarien, die mit der Realität nicht unbedingt viel zu tun haben müssen. Solange nicht einmal theoretische Möglichkeiten außerhalb einer Rettung mit Gemeinschaftsgeld, wie zum Beispiel die Insolvenz für Staaten oder die Abwicklung von Banken in Erwägung gezogen werden, bringen die Präventionsmaßnahmen wohl genauso viel wie eine Kristallkugel. (Daniela Rom, derStandard.at, 22.11.2010)