Wien - Die Zahl der Zeitarbeiter könnte in den kommenden fünf bis zehn Jahren so stark wachsen wie bisher. Im Moment stehe die Branche an einer Weggabelung, glaubt Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich. Unter der Bedingung, dass angebotene Jobs für Arbeitnehmer attraktiv bleiben, könne er sich vorstellen, dass der Anteil der Zeitarbeiter an den unselbstständig Beschäftigten von derzeit 2 auf 3 bis 4 Prozent steigt, sagte er am Mittwoch.

Aktuell sei in Europa eine spannende Diskussion zu verfolgen, so Kopf. Die Zeitarbeit boome europaweit und sei grundsätzlich nicht zu verteufeln, weil sie zusätzliche Beschäftigung und Flexibilität für Unternehmen schaffe. Doch auch die "Gegenbewegung" der Gewerkschaften, die versuche, die Beschäftigungsform zurückzudrängen, sei ernst zu nehmen: "An sich wollen Arbeitnehmer nicht in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten".

Entscheidend sei, dass die höhere Flexibilität der Arbeitnehmer auch mit "besseren Rahmenbedingungen" abgegolten werde. So könnten Betriebe dafür sorgen, dass für den Arbeitnehmer nach dem befristeten Dienstverhältnis gleich eine Anschlussmöglichkeit besteht und sie "nicht in der Luft hängen".

Eine Studie des SORA-Institus im Auftrag der Zeitarbeitsfirma Powerserv geht davon aus, dass die von Powerserv vermittelten Zeitarbeitskräfte ihrem Job positiv gegenüberstehen. 91 Prozent gaben in der Studie an, dass ihnen die vermittelte Tätigkeit gefallen hat. 44 Prozent halten ihr Gehalt immer für angemessen, 41 Prozent meistens. 70 Prozent fühlen sich nicht benachteiligt gegenüber fest angestellten Mitarbeitern.

Überbrückung zur fixen Arbeit

Die Hälfte der Befragten gibt an, die Zeitarbeit als Überbrückung zu einer fixen Arbeit zu sehen. Etwa 39 Prozent sieht "keine andere Alternative" und 38 Prozent der Zeitarbeitskräfte wollen mehrere Unternehmen kennenlernen, so die Top 3 der Motive. Befragt wurden stichprobenartig 2.800 der insgesamt 26.000 Powerserv-Mitarbeiter in 12 Ländern.

Die Zahl der Zeitarbeiter ist bis zum Vorkrisenjahr 2008 jedenfalls kontinuierlich angestiegen: 1998 waren 20.772 Personen einem Unternehmen befristet überlassen, 2008 waren es mit 68.081 Personen mehr als dreimal so viel. In der Wirtschaftskrise wurden Zeitarbeitskräfte verstärkt abgebaut, so dass ihre Zahl 2009 auf 57.230 Personen sank. Doch nach einem krisenbedingten Rückgang der Zeitarbeit, nehme diese nach der Krise noch stärker zu, so Kopf. Mitte 2010 war die Zahl der Zeitarbeitskräfte mit 66.054 Personen wieder annähernd auf Vorkrisenniveau.

Die Zahl wird jährlich mit Stichtag 31. Juli vom Sozialministerium erhoben. Zeitarbeitsfirmen glauben jedoch, dass mit 80.000 Personen mittlerweile wesentlich mehr Menschen wieder in der Branche beschäftigt sind. Auch Kopf sieht Anzeichen für diese Entwicklung. Die Zahl der Zeitarbeiter scheine - außer an den Stichtagen - nirgendwo auf. Jedoch steige die Zahl der Personen, die früher als Zeitarbeiter beschäftigt waren und nun aus der Arbeitslosenstatistik verschwinden. Zum anderen gehörten Zeitarbeitsfirmen zu jenen Unternehmen, die die meisten neuen Stellen meldeten. (APA)