Journalistin und Comedy-Autorin Jane Bussmann reiste in den ugandischen Krisenherd, um dort Leben zu retten und politisch unkorrekten Galgenhumor zu entdecken.

Foto: Marc Smith

In "Von Hollywood nach Uganda" erzählt sie über ihren Ausflug als Klatsch-Reporterin in afrikanische Kriegsgebiete.

***

Wien - Speziell im angloamerikanischen Raum zählt es zur im Überlebensfall auch gern literarisch verarbeiteten Tradition, sich als unbedarft losziehender Mensch in fernen Ländern in Lebensgefahr zu begeben. Davon zeugen nicht nur diverse, als Sonntagsspaziergänge mit leichtem Gepäck unternommene Entdeckungsreisen des 18. und 19. Jahrhunderts in die Polregionen, zu den Quellen des Nils, auf das Dach der Welt und andere unbezwingbare Berggipfel.

Nachlesen lassen sich diese Tragödien dank Jahre später an den jeweiligen Unglücksorten gefundener Tagebücher als literarisches Ausgangsmaterial etwa höchst amüsant in T. C. Boyles Wassermusik oder den historisch sichtenden Arbeiten des britischen Wissenschaftsjournalisten Fergus Fleming: Nach oben, Neunzig Grad Nord oder Barrow's Boys.

Im 20. Jahrhundert ging man es dank plausibel gezeichneter Landkarten, Penicillin und Reiseschecks schon vorsichtiger an. Wo der Schotte John Lithgow im 17. Jahrhundert als (unfreiwilliger) Erfinder der Katastrophenreiseliteratur noch in um das Mittelmeer verteilten Kerkern halb zu Tode gefoltert oder mehrfach ausgeraubt wurde und auch sonst als Hasser der Fremde wenig zu loben hatte (Die seltsamen Irrfahrten des John Lithgow), ging es dem ähnlich xenophob veranlagten britischen Romancier Evelyn Waugh vor dem Zweiten Weltkrieg während seiner Reisen (Befremdliche Völker, seltsame Sitten) zumindest körperlich deutlich besser.

Idealismus und Idiotie

Klassiker der Feldforschung wie Traumatische Tropen von Nigel Barley oder Kongofieber von Redmond O'Hanlon oder Urlaubsberichte für Selbstmörder wie Reisen in die Hölle von P. J. O'Rourke wurden vor allem im angloamerikanischen Raum zu Bestsellern.

Mit dem seit Ernest Hemingway verstärkten Drang in die Krisengebiete verschärfte sich die Gangart. Nachzulesen ist dies etwa in William T. Vollmanns Afghanistan Picture Show. Dieser schloss sich 1982 den Mudschahedin an. Ein Klassiker: Idealismus, Idiotie und Verdauungsbeschwerden. Auch Denis Johnson berichtet in In der Hölle über seine für The New Yorker unternommenen Reisen in (afrikanische) Kriegsgebiete.

Ein weiterer Höhepunkt dieser lebensmüden belletristischen Sparte liegt nun vor. Die britische Journalistin und Comedy-Autorin Jane Bussmann, die für den Guardian und South Park arbeitete, erträgt ihren Job als "Gesellschaftsreporterin" in Hollywood dank inhaltsleerer Interviews nicht mehr. Beim Blättern im "politischen Magazin" Vanity Fair entdeckt sie das Foto eines hübschen US-Konfliktlösungsexperten und folgt ihm 2003/2004 ins Kriegsgebiet von Uganda - um ihn zu porträtieren, nein, um ihm nachzustellen.

Während hochkomischer Rückblenden auf ihre Zeit in Hollywood entdeckt Bussmann im auch nicht unbedingt humorlos geschilderten Elend Afrikas ihr soziales Gewissen und will Kindersoldaten und Sexsklavinnen aus den Händen des wahnsinnigen "Rebellenführers" Joseph Kony retten. Sie verliert Auftraggeber, Wertsachen, Stöckelschuhe. Und auch der Konfliktforscher ist unauffindbar. Die drei großen britischen Bs der emotionalen Entlastung - Booze, Blasphemie und Bad-Taste-Jokes - kommen in Von Hollywood nach Uganda reichlich zum Einsatz. Dies macht dieses Dokument des Scheiterns schon vom Start weg zu einem künftigen Klassiker der Vergeblichkeit. (Christian Schachinger, DER STANDARD - Printausgabe, 27./28. November 2010)