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Portugal und Spanien könnten den EU-Rettungsschirm zu Fall bringen.

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Ein "Abbrechen" der iberischen Halbinsel von Resteuropa, wie es der portugiesische Literaturnobelpreisträger José Saramago in Das steinerne Floß vorzeichnete, scheint nicht mehr fern ab wirtschaftlicher Realitäten zu liegen.

So stiftete am Freitag ein Bericht der Financial Times Deutschland Unruhe an den Finanzmärkten. Die EU versuche Portugal "dazu zu bewegen, den Rettungsschirm zu nutzen, um den Druck auf Spanien zu senken", hieß es. Die Weichen dafür sollen dieses Wochenende gestellt werden. Sprecher des sozialistischen Ministerpräsidenten José Sócrates sowie der EU-Kommission dementierten dies prompt.

Sparprogramm ist durch

Zumindest ein Problem hat Sócrates weniger. Sein Sparhaushalt für 2011 wurde am Freitag vom Parlament beschlossen. Ermöglicht wurde das durch die Stimmenthaltung der oppositionellen, konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD). Der Haushalt sieht neben der Erhöhung der Mehrwertsteuer, Infrastruktur-, Pensions- und Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst vor. Ziel ist es, 2011 das Defizit auf 4,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verringern. Heuer dürfte die Neuverschuldung nur mit Mühe die anpeilten 7,3 Prozent erreichen, und das obwohl Portugal Telecom - auch wegen des geglückten Verkaufs der brasilianischen Vivo-Anteile an die spanische Telefónica - knapp 1,5 Prozent des BIP per Einmalzahlung an den Staat berappte.

Wie Sócrates schloss auch Spaniens sozialistischer Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero "eine Inanspruchnahme des Rettungsschirms absolut aus". Spekulanten, die auf kurzfristige Gewinne setzen, würden sich herb täuschen, übte er sich in gewohntem Optimismus und verwies einmal mehr auf den "Polster", den die "niedrige Staatsverschuldung" - 20 Prozent unter dem EU-Durchschnitt - darstelle.

Auch der eingeschlagene Sparkurs - das Defizit soll von heuer 9,3 Prozent auf sechs Prozent 2011 sinken - werde eingehalten. Spaniens Bankensystem sei "hochstabil" und selbst bei den durch Immobilien- und Schuldenkrise angeschlagenen Sparkassen "werden die anstehenden Fusionen bis Jahresende umgesetzt".

Antikrisenbund

Ungewiss bleibt, in wie weit die bei knapp 20 Prozent liegende Arbeitslosigkeit, die damit einhergehenden steigenden Sozialausgaben sowie private Konsumeinbußen das stagnierende Wachstum weiter schwächen. Zapatero sucht nun einen "Antikrisenbund" mit dem Who's who der spanischen Topmanager und will mit 37 Unternehmenschefs - die gemeinsam das Äquivalent des spanischen BIP erwirtschaften - Strategien für einen Ausweg aus der Krise finden. Nebst Bankenguru Emilio Botín (Banco Santander), Bautycoon Florentino Pérez (ACS) oder Repsol-Chef Antonio Brufau sind auch Amancio Ortega von Inditex oder Telefónica-Präsident Cesar Alierta geladen.

Das gemeinsame Ziel: den Aufschwung stimulieren. Besser spät als nie, denn Risikoaufschläge für zehnjährige Staatsanleihen erreichten am Freitag den höchsten Wert seit dem Euro-Beitritt. Die Rendite der zehnjährigen Anleihe liegt mit rund 5,24 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. In Portugal liegt die Rendite zehnjähriger Papiere mit 6,85 Prozent noch darüber.

Spaniens um Umfragehoch befindliche, konservative Volkspartei (Partido Popular, PP) nützt indes die Gunst der Stunde und gießt Öl ins Feuer. Die Regierungsprognosen wären "erlogen", meint PP-Generalsekretärin María Dolores de Cospedal. Und: "Es reicht nicht aus, zu bekunden, man wäre nicht Irland. Man muss es beweisen."  (Jan Marot aus Granada, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27./28.11.2010)