Ein gelassener Held, dem die neuen Zeiten nichts anhaben können: Major Kottan (Lukas Resetaris) und sein neuer Schrammel (Robert Stadlober) in "Kottan ermittelt - Rien ne vas plus".

Foto: Thimfilm

Für mehr als weitgehend humorfreies Recycling hat es nicht gereicht.

Wien – Hollywood macht seit geraumer Zeit vor, wie man die Verwertungsschleife von Serien- Hadern in die Gegenwart hinein verlängert. Das Investment gilt als relativ sicher, es verfügt über eine etablierte Marke und verbindet Zuschauerschichten. Zum einen setzt man auf die Nostalgie älterer Semester, die sich fragen, ob ihre Helden immer noch bestehen können; zum anderen zielt man auf die Geldbörsen jüngerer Generationen, die mit aufgemascherlter Ästhetik, neuen Stars und anderen Attraktionen Anschluss an das Gestrige finden. Den Vorwurf mangelnder Kreativität nimmt man da gerne in Kauf.

Nach dem Erfolg der Kinoadaption von Echte Wiener (2008) – 370.000 Besucher, Teil zwei dräut kurz vor Weihnachten – folgt mit Kottan ermittelt – Rien ne vas plus nun auch die zweite Verramschung einer österreichischen Kultserie, die genau dieser Logik folgt. Was umso bitterer ist, da Kottan ermittelt, ausgestrahlt zwischen 1976 und 1984, wohl die beste eigenproduzierte TV-Serie dieses Landes war.

Das von Autor Helmut Zenker und Regisseur Peter Patzak konzipierte Format besaß Courage, weil es das damalige Publikum mit etwas Unbekanntem konfrontiert hat: einem Polizei-Major, der sich durch proletarische Milieus Wiens grantelte, die in den bürgerlicheren Alternativen von Der Kommissar und Derrick nicht vorkamen. Zumindest bis zur Spätphase um 1980, in der die Serie immer mehr um sich selbst zu kreisen begann, gab es Ansichten von Österreich zu sehen, die provozierten – und zwar nicht nur die Polizei ob der wenig schmeichelhaften Darstellung.

Von diesem Mut zur Konfrontation ist im neuen Film allerdings nichts übrig geblieben. Anstatt sich eine zeitgenössische Variation der Figur zu erlauben, beschränken sich Patzak und Autor Jan Zenker auf ein uninspiriertes Recycling von Ideen und Stilistik der späten Kottan-Folgen, in denen Komik und surreale Überschreitungen über Sozialrealismus Oberhand gewannen. Die wenigen Anspielungen auf die Gegenwart (von Arigona über Petzners Haider-Tränen bis zu Finanzbetrügern) sind dermaßen platt, dass man glatt zu lachen vergisst.

Wie groß die Legendenwirkung von Kottan ist, lässt sich auch an der Darstellerriege ablesen. Doch selbst die zahlreichen heimischen Bühnen- und Filmgrößen können keinen Film zusammenhalten, der sich mit der Aneinanderreihung szenischer Einfälle begnügt, deren Komik ziemlich angestaubt wirkt. Johannes Krisch legt als neuer Schremser zwischendurch ein ekstatisches Tänzchen hin, Udo Samel tritt in die Fußstapfen Kurt Weinzierls und wirft sich als Polizeipräsidentenkarikatur mächtig ins Zeug – statt mit dem Kaffeeautomaten hat er mit einer animierten Kakerlake seine Not. Robert Stadlober als junger, schießwütiger Schrammel kommt überhaupt aus einem ganz anderen Film.

Einzig Lukas Resetarits ist als Kottan der alte Tachinierer geblieben und durchwandert die Neuversion mit der Gelassenheit einer Figur, der nichts mehr etwas anhaben kann. Selbst die sich träge dahinschleppende Erzählung um ein Pyramidenspiel, in dem die Neo-Millionäre nur kurz Freude am Reichtum haben, tangiert ihn nicht. So macht jede Figur in diesem Film halt ein wenig Dienst nach Vorschrift, während sich die Regie Peter Patzaks einstweilen mehr für Splitscreen-Einschübe im Stadtraum und einen überlebensgroßen Mops interessiert, der vom Himmel kotet. Lustig geht anders. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD – Printausgabe, 30. November 2010)