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Opfer von Menschenhandel werden oftmals mit lukrativen Jobversprechen in das Ausland gelockt. Dort jedoch werden sie - etwa durch Prostitution - zur Illegalität gezwungen.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wien - "Es handelt sich definitiv um Sklaverei - aber in Formen, die vielfach nach wie vor nicht wirklich verstanden werden." Maria Grazia Giammarinaro ist seit März 2010 die Sonderbeauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für den Kampf gegen den Menschenhandel. Am Donnerstag legte sie dem ständigen OSZE-Rat in Wien ihren ersten Jahresbericht vor. Ihre Kurzfassung gab sie zuvor auf einer Pressekonferenz: "Wir haben Fortschritte gemacht, aber es ist noch viel zu tun. Wir haben den nötigen 'Werkzeugkasten', aber er muss auch entsprechend eingesetzt werden."

Bereits die frühere österreichische Frauenministerin Helga Konrad von der SPÖ, selbst 2004-2006 OSZE-Sonderbeauftragte gegen Menschenhandel, hatte registriert, dass daraus ein "sehr lukrativer Industriesektor" geworden ist. Giammarinaro muss in ihrem Bericht zum zehnjährigen Bestehen des Amtes nun einräumen, dass sich das Phänomen trotz mannigfaltiger Initiativen "weiter im ganzen OSZE-Raum und darüber hinaus ausbreitet". 2,5 Millionen Menschen werden laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) jährlich Opfer von Menschenhandel, eine halbe Million davon im OSZE-Raum. 40 bis 50 Prozent davon sind Kinder.

Eine der Hauptursachen dafür, dass sich der durchschlagende Erfolg im Kampf gegen die globalen Menschenhändler nicht einstellen will, liegt für die OSZE-Beauftragte im nach wie vor weit verbreiteten Unverständnis darüber, "worum es sich dabei handelt und um welche massiven Ausmaße es geht".

Zur Illegalität gezwungen

Die Tatsache, dass die Opfer von kriminellen Schleppern mit lukrativen Jobversprechen ins Ausland gelockt, dann aber nicht nur in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, sondern via Prostitution, Bettelei oder Kleinkriminalität letztlich oft in die Illegalität gezwungen würden, führe meist zu ihrer "doppelten Opferrolle" (secondary victimisation) - zumindest solange sowohl Öffentlichkeit als auch Behörden sie weniger als Opfer von Menschenhandel, denn als illegale Einwanderer oder Kleinkriminelle betrachteten.

Strenge Ausländer- und Asylgesetze wie in Österreich und anderen OSZE-Staaten führen laut Giammarinaro erwiesenermaßen nicht dazu, das Problem des Menschenhandels besser in den Griff zu bekommen, im Gegenteil: "Sie tragen zur Schutzlosigkeit der Opfer bei, weil dadurch die Menschenhändler ihre einzige Chance bleiben." Die Zusammenarbeit mit österreichischen Behörden sieht sie als gut an, die Situation aber ähnlich wie in den meisten anderen OSZE-Staaten: "Die 'Maschinerie' ist gut, wird aber nach wie vor in wenigen Fällen eingesetzt."

Was ist nötig, um die Situation zu ändern, die Erfolge im Kampf gegen die "moderne Sklaverei" zu steigern? Zuvorderst "ein besseres Verständnis der Öffentlichkeit", meint Giammarinaro: "Das passiert nicht auf einem anderen Planeten, das kann auch die illegale Hausangestellte ohne Dokumente sein, die ausgebeutet wird, auch ohne eingesperrt zu sein." Weitere unabdingbare Voraussetzung sei aber, die nötigen Kapazitäten für die Behörden bereitzustellen. Und letztlich, den Opfern die nötige Hilfe zu geben, wenn sie im Ernstfall den Behörden gegenüberstünden. "Dafür benötigen wir den starken politischen Willen, ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen und konkrete Maßnahmen vor Ort", schließt demnach auch Giammarinaros Bericht an den OSZE-Rat. (APA)