Zu den Hotels mit der schönsten Aussicht auf den Bosporus zählt sicher das Hilton Istanbul. Das zentral gelegene, geschichts-trächtige Haus war nicht nur das allererste Hilton Hotel auf europä-ischem Boden überhaupt, es hat - und das ist bis heute eine Rarität in Istanbul - Zimmer mit Balkonen. Sehr zu empfehlen (auch für Nicht-Hilton-Gäste) ist zudem das vor vier Wochen eröffnete libanesische Restaurant im obersten Stock des Fünf-Sterne Hauses. Das Special "Wochenend Pur" im Hilton Istanbul ab 113 Euro pro Zimmer und Nacht.

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Foto: Hilton

Dieser stählerne Blick. Der dunkle Frack, das weiße Einstecktuch. Auf einem anderen Porträt trägt er enganliegendes Hemd mit Stehkragen, die Krawatte dazu lose gebunden. Mustafa Kemal, der Gründer der Republik, verstand es meisterhaft sich zu inszenieren. Und Porträts vom ihm, Atatürk, dem "Vater der Türken", hängen in Istanbul überall. Gleich am Internationalen Airport wacht der Reformer aufmerksam über Reisende. Wessen Namen der Flughafen auf der europäischen Seite der Stadt trägt? Na? Genau.

Als très chic gilt sie derzeit, die Metropole am Bosporus, vor allem als Wochenend-Destination. Ist Istanbul doch noch bis Ende des Jahres Kulturhauptstadt und lässt mit seiner Vergangenheit als Hauptstadt dreier Weltreiche, angesiedelt auf zwei Kontinenten, von jeher die Reisejournaille verzückt literarische Lockrufe verfassen. Ja, ja, Istanbul, die Stadt hat schon was. Die Silhouette der Altstadt, auf sieben Hügeln gelegen, mit den vielen Kuppeln, der mächtigen Bosporusbrücke, die nachts in sattem Blau und hellem Rot leuchtet. Oder wenn die Sonne aufgeht, drüben auf der asiatischen Seite, und das Goldene Horn dann tatsächlich golden schimmert, das ist schon einzigartig.

Das Beste überhaupt sind ja die Angler. Wie sie dastehen, entlang der Galata-Brücke, nicht vereinzelt, sondern dicht an dicht, Schulter an Schulter, ungelogen, hunderte, mit kleinen Hockern und weißen Plastikküberln. In aller Ruhe, in dieser 13, 14 oder 15 Millionen Metropole, so genau weiß es ja niemand. Über die Laborwerte des Wassers will man erst gar nicht so genau Bescheid wissen, mit freiem Auge sieht man genug. Aber die Fischer, die stehen da, empfangen Besuch an ihrem Standplatz, rauchend, unterhalten sich, während knapp neben ihnen der Verkehr zweispurig an ihnen vorbeizieht.

Das ist die weniger märchenhafte Seite Istanbuls. Ein, zwei Tage in dieser Stadt, und man kann sich prima in Tinnitus-Patienten hineindenken. Das Geräusch des gleichmäßig tosenden Verkehrs wird man nicht los. Egal, ob samstags früh um drei oder Sonntag morgens. Acht Millionen Autos gibt es in Istanbul, und die werden auch bewegt. Und dann hupen immer alle. Viele kleine, gelbe "Taksis", deren Fahrer einander begrüßen oder verabschieden oder was auch immer. Auf die Wette, 100 Euro beim Anblick eines vorbeiradelnden Menschen, kann man sich getrost einlassen. Es gibt hier keine Radfahrer. Dafür Gassen, schluchtartig abfallende, für die man besser Steigeisen einpackt. Und noch etwas: Man muss als Frau allein und nachts auch nicht überall gewesen sein. Obwohl Istanbul mit Sicherheit die toleranteste und modernste islamische Stadt der Welt ist. Schon ein, zwei Kilometer abseits des Taksim-Platzes, wo sich alle Welt trifft und man im ersten Moment an Volksaufstand oder Massendemo denkt, sind nur Männer unterwegs, keine Frauen. Bis auf zwei, drei vielleicht, die an Hausmauern lehnen, weil ihr Arbeitsplatz die Nacht ist.

Natürlich gibt es auch andere Ecken. Das Szeneviertel Tünel in Beyoglu, wo das gefeierte Designer wie Autobahn ihr Büro haben, dort ist auch das Babylon, in dem Filmemacher Fatih Akin schon einmal spätnachts den DJ geben soll. In Beyoglu und Taksim gibt's auch Schwulenlokale, überhaupt ist alles megatrendy und elektrisierend dort. In den letzten vier, fünf Jahren hat die europäische Architektur-, Design- und Modefreak-Szene Istanbul und seine kreativen Flecken als "the place to go" erkoren. Die Kunst- und Kulturszene boomt, alles bewegt sich, Kulturhauptstadt 2010 hin oder her.

Erkundigt man sich bei Einheimischen nach Istanbul 2010, dann erfährt man am häufigsten, dass U2 ein großes Konzert gegeben hätte und dass ein internationaler Schwimmwettbewerb über den Bosporus stattgefunden habe. Den gebe es zwar sonst auch alle paar Jahre, aber ohne "Avrupa Kültür Baskenti" hätte die Schwimmerei heuer sicher nicht stattgefunden. Der Händler vom Gewürzbasar winkt überhaupt ab und beteuert, dass er wegen dem Capital of Culture nicht einen Kunden mehr gehabt hätte. Und persönlich sei er schon froh, wenn er bei einem Arbeitstag von sieben Uhr früh bis 21 Uhr abends Zeit für seine Familie findet - von Kulturgenuss ganz zu schweigen.

150 bis 170 Millionen Euro sollen in das Projekt geflossen sein. Die heimische Kulturszene hat davon kaum profitiert. Der Großteil des Geldes wurde in die Restaurierung großer Sehenswürdigkeiten gesteckt. Weil, die hätte man früher oder später sowieso herrichten müssen - allein schon wegen der Touristen. Im Besonderen der Kulturtouristen, die statistisch gesehen ja dreimal mehr Geld ausgeben als der Durchschnittstourist. Ein Prozent des Budgets von "Istanbul 2010" hat die EU übernommen, den Rest der Summe haben die türkischen Autofahrer bezahlt - über die Erhöhung der Mineralölsteuer. Und vielleicht liegt ja darin eine der Erklärungen, warum in dieser Stadt immer alle hupen. (Carolin Giermindl/DER STANDARD/Printausgabe/11.12.2010)