Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo rocken die Schaltkreise mit klassischer Minimal Music.

Foto: Disney

Der 1982 in die Kinos gekommene Spielfilm Tron aus dem Hause Disney zählt, das kann man ruhigen Gewissens behaupten, zu den wirkungsmächtigsten Hollywood-Arbeiten der Geschichte. In einer Zeit, in der die Welt damals eben noch von Computerspielen begeistert war, in denen man mit zwei Balken und einem flimmernden Punkt auf dem Fernsehbildschirm Tennis spielte oder mit dem Pac-Man bunte Knödel in einem Labyrinth fraß, wurden die Abenteuer eines in ein zu seiner Zeit technisch wie optisch visionäres Computerspiel geratenen Menschen vor allem auch wegen der Animationen aus Großraumrechnern als Sensation gewertet. Gut, Bruce Boxleitner spielte auch mit. Man kann nicht alles haben.

Bevor Ende Jänner 2011 eine Neuverfilmung von Tron als zumindest optisch sensationell umgesetzte Fortsetzung Tron Legacy in die Kinos kommt, in der zwar auch Bruce Boxleitner wieder mitmachen darf, aber dankenswerterweise auch der ebenfalls schon im Original auftretende Jeff Bridges agiert, veröffentlicht man nun als Appetithappen schon einmal den dazugehörigen Soundtrack. Dafür hat man sich mit dem französischen Elektronikduo Daft Punk punktgenau die Idealbesetzung geholt.

Die beiden Pariser Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo nahmen sich in ihren Anfängen in den 1990er-Jahren als anonyme Kunstfiguren nicht nur die Ästhetik von Tron zu Herzen. Sie versteckten sich in neonleuchtenden Uniformen und unter Richtung Science-Fiction gedeuteten Motorradhelmen. Auch musikalisch gaben sich Daft Punk technoid-visionär. Damals angesagte pumpende House-Beats wurden auf dem Debüt Homework und dem Nachfolgealbum Discovery als freundlich-humanoide Robotermusik inszeniert, die mit ihrem verzerrten minimalen Beats und Gesangslinien auf Singles wie Around The World, Da Funk oder One More Time zu internationalen Hits aufstiegen. Diese beiden Arbeiten verkauften sich jeweils an die drei Millionen Mal. Daft Punk vermochten es trotz all des Medienwirbels als Weiterentwicklung der deutschen Gründerväter Kraftwerk, anonym zu bleiben. Selbst als der Wirbel abebbte und sich das Duo 2005 auf der CD Human After All und dem heutigen Dancefloorklassiker Robot Rock von Samples und dem von ihm mitgeprägten Genre des French Filter House abwandte und auf brutistische (Rock-)Sounds setzte, blieb die einzigartige Aura Daft Punks erhalten.

Für die 24 Stücke des Soundtracks zu Tron Legacy sind Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo noch einen Schritt weitergegangen. Sie beschäftigen für die Umsetzung ihrer jetzt auch oft an traditionelle klassische Minimal Music im Stile Steve Reichs oder Philip Glass' anknüpfenden, dunkel-melancholisch pulsierenden Kompositionen ein hundertköpfiges britisches Streichorchester. Ein dramaturgisch erfreulich altmodischer Kontrast zur futuristischen Programmiertechnik-Leistungsschau, mit der schon der aktuelle Filmtrailer aufwartet.

Manchmal, etwa in den Stücken End of Line und Derezzed oder dem Titelstück, fährt man die guten alten House-Beats hoch und bringt die Disco mit beherzten Peitschenschlag-Snare-Effekten zum Tanzen. Das wird sich in den diversen Dancefloor-Charts zwar nicht so stark wie früher bemerkbar machen. Im Hause Disney allerdings dürfte Wert auf gute Bezahlung gelegt werden. Zufriedene Roboter arbeiten besser. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2010)