Wien - Die Grünen haben Finanzminister Karl-Heinz Grasser vorgeworfen, bei seiner Budgetrede im Nationalrat mit falschen Zahlen operiert zu haben. Es handle sich um ein "Schmähführen", so der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit Budgetsprecher Werner Kogler. In Wahrheit komme es 2004 nicht zu einer Steuernettoentlastung von 500 Mio. Euro, sondern zu einer Belastung von 221 Mio. Euro, sagte Van der Bellen.

Die von Grasser genannten Zahlen seien "vollkommen unnachvollziehbar". Der Finanzminister habe sich neuerlich als "Schmähführer" entpuppt, der "Phantasie und Realität nicht auseinander halten kann". Probleme sieht Van der Bellen auch bei Grassers Darstellung der gestiegenen Ausgaben im Wissenschaftsbereich. In Wahrheit habe der Finanzminister hier mit einem "üblen Trick" und einer "üblen Irreführung" gearbeitet. Es finde lediglich eine "Bilanzverlängerung" statt, wo die Ausgaben wachsen und die Einnahmen auch.

Kogler sagte, es habe sich wieder einmal um eine "typische Grasser-Show" gehandelt, die aber "deutlich misslungen" sei. Der Finanzminister habe heute "von einem anderen Budget gesprochen als er vorgelegt hat". Die von Grasser groß angekündigte größte Steuerreform der Geschichte "wird sich nicht einstellen". Vielmehr handle es sich um die "größte Verschwendung der Republikgeschichte mit dem Ankauf der Abfangjäger". Kogler: "Der Lack ist ab".

Für Gusenbauer ein "unsoziales Schröpfbudget"

"Kein Zukunftsbudget, sondern ein unsoziales Schröpfbudget" hat Finanzminister Karl-Heinz Grasser nach Meinung von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer am Mittwoch dem Parlament vorgelegt. Sein Doppel-Budget 2003/2004 enthalte "nahezu ausschließlich massive Belastungen für große Teile der Bevölkerung". Grassers Kritik an den Streiks gegen die Pensionsreform wies Gusenbauer in einer Pressekonferenz zurück. Der Regierungsspitze warf er vor, "taub" für die Sorgen der Bevölkerung zu sein.

Mit der Vollziehung der Budgets 2003 und 2004 werde den Österreichern nicht mehr im Geldbörsel bleiben, sondern "im Gegenteil, weniger Geld". Die massiven Pensionsverluste, Selbstbehalte sowie Gebühren- und Energiesteuererhöhungen seien "Belastungen, die tief in das Lebenseinkommen" der Österreicher eingreifen, kritisierte Gusenbauer.

Gleichzeitig habe sich Grasser vom Nulldefizit verabschiedet. Mit der deutlichen Steigerung des Defizits des Bundes - 2003 auf 3,9 Mrd. Euro, 2004 auf 3,4 Mrd. Euro - werde ein "historischer Höchststand in der Staatsverschuldung" erreicht. Nichts getan werde zur Senkung der Steuerquote, gegen die hohe Arbeitslosigkeit, für die Infrastruktur oder für neue Investitionen. Damit falle Österreich - wie im Entwurf selbst stehe - bis 2004 um 0,5 Prozentpunkte unter der durchschnittliche Wirtschaftswachstum der EU zurück.

Grassers auch in der Budgetrede geübte Kritik an den Pensionsreform-Protesten zeigt für Gusenbauer ein "Demokratiedefizit" des Finanzministers auf. Sozialen Frieden gebe es, wenn Wirtschaft, Arbeitnehmer und Regierung zusammenwirken, mit dem Ziel, den Lebensstandard nachhaltig zu sichern - und nicht mit einseitigen massiven Belastungen und der Verweigerung des Dialogs.

Der Regierung warf Gusenbauer vor, "taub" für die Sorgen der Bevölkerung zu sein. Auch gegenüber den Bürgern sei sie nicht dialogbereit, erklärte Gusenbauer. So hätten ihm viele Menschen geschrieben, die sich in Sachen Pensionsreform direkt an den Bundeskanzler wandten. Die Antwort darauf: Eine Mail-Nachricht, dass die Mails an den Kanzler ungelesen gelöscht wurden. Offensichtlich sei die Regierungsspitze "nicht bereit, wahrzunehmen, worin die Sorgen der Österreicher bestehen". (APA)