"Man kann eine andere Kultur und ihre Probleme nur verstehen, wenn man hinfährt. Und wir als Patrioten gestehen auch anderen Völkern zu, Patrioten zu sein" - Johann Gudenus über die Israel-Offensive der FPÖ.

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STANDARD: Seit der Wahl ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache von der Wiener Bildfläche verschwunden. Ihnen bleibt nun das profane Tagesgeschäft. Stört Sie das nicht?

Gudenus: Nein, überhaupt nicht. Das ist ja meine Aufgabe.

STANDARD: Sie wären also nicht gern Parteichef?

Gudenus: Nein, die Frage stellt sich nicht. Ich bin Teamspieler.

STANDARD: Ihr Klub besteht zu einem großen Teil aus landespolitischen Quereinsteigern. Was kann man da inhaltlich erwarten?

Gudenus: Das sind alles Leute, die sich in den letzten Jahren innerhalb der FPÖ bewährt haben. Wir haben weit mehr politischen Einfluss als die Grünen, die waren ja nur Steigbügelhalter für Bürgermeister Häupl.

STANDARD: Sind Sie neidisch auf die Grünen? Wären Sie auch gerne mit der SPÖ in einer Koalition?

Gudenus: Nein, überhaupt nicht. Das erregt maximal Mitleid. Natürlich ist eine Koalition da und dort ein Kompromiss, aber wir gehen nur in eine Regierung, wenn wir unsere Grundsätze umsetzen können. Die Grünen haben alles über Bord geworfen.

STANDARD: Glauben Sie, dass man der FPÖ die Regierungsfähigkeit nicht zutraut?

Gudenus: Ich glaube, es liegt eher daran, dass Bürgermeister Häupl mit voller Geschwindigkeit in die falsche Richtung weiterfahren will. Die Wähler sehen viele Missstände, vor allem bei Migration und Bildung, siehe Pisa-Studie.

STANDARD: Wie soll sich das ändern? Die Gesamtschule, die viele Experten angesichts der Pisa-Ergebnisse fordern, lehnt die FPÖ ab.

Gudenus: Aus guten Gründen. Das Wichtigste ist nicht die Form der Schule, sondern der Inhalt. Man muss bei den Lehrern ansetzen. Das heißt nicht, dass sie schuld sind, es heißt aber, dass sie auf viele Probleme im Bildungsbereich gibt in ihrer Ausbildung nicht vorbereitet wurden.

STANDARD: Finnland ist mit der Gesamtschule bei der Pisa-Studie sehr erfolgreich.

Gudenus: Ich habe mir das angeschaut. In solchen Ländern funktioniert die Gesamtschule, aber die Rolle des Lehrers ist eine sehr wichtige und mit Autorität ausgestattet. Und die Rate der Zuwanderer ist in Finnland viel geringer.

STANDARD: Die Ausländer sind also Schuld an der Pisa-Misere?

Gudenus: Nein, die Politiker sind schuld. Die Kinder können nichts dafür, die sind Opfer des Systems.

STANDARD: Was muss Wien bei der Integration tun? Man kann ja nicht alle Ausländer rausschmeißen.

Gudenus: Das wird uns vielleicht unterstellt, aber davon distanziere ich mich. Wir gehen gezielt auf gut integrierte Zuwanderer zu.

STANDARD: Auf christliche.

Gudenus: Das gemeinsame kulturelle Band ist das christliche Abendland, daher sprechen wir Zuwanderer aus Europa an, weil die sich leicht integrieren.

STANDARD: Warum sollen sich Muslime nicht integrieren können?

Gudenus: Jede Studie besagt, dass es da am schlechtesten funktioniert. Ansetzen muss man bei der frühkindlichen Bildung, und das Wahlrecht muss Staatsbürgerrecht bleiben. Sonst besteht kein Anreiz mehr, sich zu integrieren.

STANDARD: Sie sind, wie viele blaue Gemeinderäte, Burschenschafter. Wie weit rechts steht die Wiener FP?

Gudenus: Ich kann mit diesem Schema links und rechts nicht viel anfangen. Die FPÖ ist eine soziale Heimatpartei, das hat mit links und rechts nichts zu tun.

STANDARD: Anders gefragt: Wie national gesinnt ist die Wiener FP?

Gudenus: Dass wir Patrioten sind, ist keine Frage.

STANDARD: Aber der Begriff Patriotismus ist Ihnen lieber als Nationalismus?

Gudenus: Diese Ismus-Wörter sind meistens negativ besetzt, nicht immer zu Recht. Wir sind Patrioten und sagen: Österreich zuerst.

STANDARD: Warum knüpft die FPÖ derzeit Bande mit Israel?

Gudenus: Wir reden mit jedem. Man kann eine andere Kultur und ihre Probleme nur verstehen, wenn man hinfährt. Und wir als Patrioten gestehen auch anderen Völkern zu, Patrioten zu sein.

STANDARD: Wollen Sie auch in die Türkei fahren?

Gudenus: Ich war als Tourist schon dort. Aber wenn wir eingeladen werden, warum nicht? Die Herausforderung mit den türkischen Zuwanderern ist evident. Das diskutieren wir mit dem Herrn Erdogan gern in Ankara.

STANDARD: Aus Ihrer Zeit als RFJ-Chef sind Zitate dokumentiert, in denen Sie Wörter wie "Umvolkung" verwenden. Wird man das auch im Rathaus von Ihnen hören?

Gudenus: Dass in Wien eine Massenzuwanderung stattgefunden hat, ist evident.

STANDARD: Ist das Wort "Umvolkung" in Ihrem gängigen Vokabular vorhanden?

Gudenus: Wenn man jünger ist, schießt man da und dort über das Ziel hinaus. Aber es ist das Recht der Jugend zu provozieren.

STANDARD: Auch, wenn der Begriff eine Nazi-Konnotation hat?

Gudenus: Mir ist die Konnotation nicht bekannt, das wird immer so herbeigeredet. Wir bewegen uns innerhalb der Verfassung, innerhalb der Menschenrechte, und wir schätzen das freie Wort. Wenn sich jemand im Rahmen der Meinungsfreiheit gewisser Ausdrücke bedient, sollte man nicht immer so überempfindlich sein. Außerdem sind wir ja Gegner dieser zitierten Umvolkung. Wir lehnen das ab. Umvolkung ist für uns pfui gack. (Andrea Heigl/DER STANDARD-Printausgabe, 28.12.2010)