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Acht Wochen nach der Befruchtung entwickelt der Embryo langsam eine menschliche Form. Besteht er erst aus acht Zellen, kann die Präimplantationsdiagnostik zum Einsatz kommen.

Foto: Reuters/Nilsson

Das Geschlecht des eigenen Kindes schon vor der Geburt festlegen? Kein Problem für "The Fertility Institutes" in den USA. Mittels Präimplantationsdiagnostik (PID) könne sich die Frau bei künstlicher Befruchtungen aussuchen, ob sie einen Buben oder ein Mädchen zur Welt bringen möchte, wirbt das Unternehmen auf seiner Webpage.

Möglichkeiten wie diese sind es, die die Gegner dieser Gentests alarmieren. Während in Deutschland heftig darüber diskutiert wird, gibt es in Österreich noch keine eindeutige gesetzliche Regelung dieser Untersuchung. In der Praxis werden die vorhandenen Paragrafen aber als PID-Verbot ausgelegt. Ein Umstand, den die Befürworter ändern möchten.

FPÖ, Grüne und BZÖ einig

Die österreichische Bioethikkommission im Bundeskanzleramt hatte sich bereits im Juli 2004 mehrheitlich für eine Zulassung der PID unter bestimmten Voraussetzungen ausgesprochen. Der Gesetzgeber zeigte sich davon aber unberührt. Doch während man im Justizministerium derzeit keinen Grund für eine Änderung des Status Quo sieht, machen sich die Parlamentsparteien sehr wohl bereits Gedanken.

Mit durchaus überraschenden Allianzen. Dass FPÖ, Grüne und BZÖ bei einem derart heiklen Thema einer Meinung sind, ist nicht alltäglich. Die Grünen fordern die Legalisierung dieses Gentests an den Embryonen vor der Implantation schon länger. Ihr Argument: "Es ist nicht begründbar, dass man es dem Zufall überlässt, welche Embryonen implantiert werden, wenn die Wissenschaft zwischen gesunden befruchteten Eizellen und denen mit Defekten unterscheiden kann", sagt Gesundheitssprecher Kurt Grünewald.

Seine FPÖ-Kollegin Dagmar Berlakovich-Jenewein sieht die Situation ähnlich. Man wolle noch im Jänner einen Antrag im Nationalrat einbringen, der die PID zulässt. "Wenig nachvollziehbar ist die Tatsache, dass zwar die PID verboten ist, eine Unterbrechung der Schwangerschaft aber bis zum Geburtstermin straffrei ist", erklärt sie. Auch beim BZÖ ist man grundsätzlich zu Verhandlungen darüber bereit, es müsse aber die Freiwilligkeit sichergestellt sein, sagt Pressesprecher Heimo Leposchitz.

Während bei der SPÖ niemand für eine Stellungnahme erreichbar war, stellt sich die Situation bei der ÖVP differenziert dar. "Es gab noch keine Diskussion im Klub darüber, meiner Privatmeinung nach sollte die PID aber zulässig sein", sagt Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. "Das würde in Österreich wahrscheinlich 25 bis 30 Eingriffe pro Jahr bedeuten." Vergleicht man das mit der Zahl der Befruchtungsversuche (siehe Grafik), wären das nicht einmal ein halbes Prozent der Fälle.

Kein Automatismus

Einen Automatismus will Rasinger aber nicht. Er plädiert dafür, dass nur Paare, die bereits ein behindertes Kind haben, dafür infrage kommen. "Außerdem sollte es eine Einzelfallprüfung durch eine Ethikkommission geben."

Bei der katholischen Kirche ist man da schon konkreter. "Unsere Position deckt sich mit jener der Aktion Leben", sagt Erich Leitenberger, Sprecher der Erzdiözese Wien. Was diese Position ist? Man sei strikt gegen die PID, stellt die Generalsekretärin Martina Kronthaler klar.

Sie führt mehrere Argumente dagegen an. So würde eine Liste, auf welche Krankheiten hin der Embryo untersucht werden darf, zu einer Stigmatisierung von behinderten Menschen führen. Da Diagnosefehler vorkommen und deshalb eine nachfolgende Pränataldiagnostik üblich ist, zieht auch das Argument der vermiedenen Abtreibung für sie nicht. Dass man aber nicht verhindern könne, dass betroffene Paare die Untersuchung einfach im Ausland durchführen lassen, gesteht sie durchaus ein.

Huber: Schritt zu mehr Humanismus

Johannes Huber, Professor am Wiener AKH und Theologe, hält die PID dagegen grundsätzlich für einen Schritt in Richtung mehr Humanismus. "Ich glaube nicht, dass eine Frau sehenden Auges ein behindertes Kind haben möchte. Wenn man den Paaren gegenübersitzt, ist es etwas völlig anderes, als als Nichtbetroffener darüber zu urteilen", sagt er.

Die Gefahren der Methode verleugnet er nicht. "Man kann bereits Genvariationen feststellen, die eine Anlage dafür sind, dass man mit 60 Jahren an Alzheimer erkrankt. Das bedeutet aber nicht, dass die Krankheit tatsächlich ausbrechen muss. Da kommt man tatsächlich in Richtung eines Designermenschen."

Eine Untersuchung habe jüngst auch für Aufregung gesorgt: Bei einer PID litten alle zehn Embryos an Trisomie 21. Doch nach weiteren Wachstumsphasen waren plötzlich alle normal. Bei klaren Indikationen für eine Erbkrankheit befürwortet Huber den Einsatz dennoch. Denn die Entstehung des Lebens ist für ihn ein chronologischer Prozess, einige geteilte Zellen sind noch kein Mensch. (Michael Möseneder/DER STANDARD-Printausgabe, 5./6.1.2011)