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Harald Dobernig Anfang 2009 als BZÖ-Wahlkämpfer

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Vor mehr als zwei Jahren katapultierte sich Jörg Haider ins Jenseits. Die Kärntner Kulturpolitik wird von dessen Büroleiter Harald Dobernig in seinem Sinne fortgeführt.

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Klagenfurt - Er warte nur darauf, sagte Jörg Haider süffisant zu Valentin Oman, dass er endlich das Land verlasse. Dies hatte der Kärntner Slowene zwar nie in Aussicht gestellt. Die Drohung, Kärnten den Rücken zu kehren, war von Giselbert Hoke geäußert worden. Oman hatte bloß geschworen, nicht mehr in der Heimat auszustellen, solange Haider Landeshauptmann sei. Und dieses Versprechen hielt er konsequent ein.

Doch seit etwas mehr als zwei Jahren ist Haider, der die Kultur zur Chefsache erklärt hatte, tot: Bis Ende Jänner zeigt Oman in der Personale "Nazaj (Zurück)" an drei Schauplätzen in Villach all das, was in den letzten 13 Jahren entstand. Die Stadt Villach, die ihm 2003 den Kulturpreis verliehen hat, sei, sagt er, "ein etwas anderes Aquarium. Den Dobernig hingegen hätte ich nicht sehen wollen."

Denn mit der Kulturpolitik des Landes will Valentin Oman nach wie vor "nichts am Hut" haben: Die Aussprüche von Kultur- und Finanzreferent Harald Dobernig (FPK), der gesagt haben soll, keine Bücher zu lesen, würden ja schon zeigen, "wessen Geistes Kinder wir als Kulturpolitiker" hätten. Zudem hätte sich, so Oman, im Land nichts geändert: Haider lebe weiter.

Kein Wunder: Jungspund Dobernig, Jahrgang 1980, war von 2005 an Haiders Büroleiter. Er exekutierte u. a. die finanzpolitischen Geschäfte mit der Hypo-Alpe-Adria-Bank. Nach Haiders nächtlicher Raserei übernahm er die Kulturpolitik.

Omans Einschätzung teilen manche. Denn abgesehen vom Desaster Wörtherseebühne gab es einen "Kulturkampf", den Haider ab 1999 gegen die schon in SP-Zeiten nur halbherzig geförderte freie Szene führte. Das damals erzeugte Vakuum bleibt bestehen: Von einst vier Off-Bühnen in der Landeshauptstadt gibt es nur mehr das Klagenfurter Ensemble. "Es gibt auch keine Tanzszene in Kärnten", so Angelika Hödl, Obfrau des Dachverbandes IG Kikk. "Es gibt kaum Kindertheater und nichts im Bereich neue Medien. Es fehlen ganze Sparten."

Gerhard Pilgram vom Unikum ergänzt: "Die Szene wurde total ausgedünnt. Dobernig verwaltet nur das Erbe von Haiders Kulturpolitik." Diese sei "minderheitenfeindlich" - sprich: kaum Geld für slowenische Initiativen - und "heimattümelnd". Dass Kikk und Unikum keine Subventionen vom Land bekommen: Wen wundert es?

Dobernig sieht das alles natürlich ganz anders. Die Unterstellung, dass er keine Bücher lese, sei "der Witz des Sommers 2010" gewesen: Er lese sehr wohl, derzeit "Das Mädchen im See" von Egyd Gstättner, aber er lese nicht mehr, wenn er nach vielen Terminen um Mitternacht heimkäme.

Auch Kritik prallt an ihm ab. Das Unikum habe nach Haiders Tod ein Problem bekommen: "Es ist nicht so attraktiv, sich an Dobernig zu reiben." Und Oman sei nur jemand, der Jörg Haider verwendete, um sich selbst in den Vordergrund zu spielen.

Dobernig beteuert, er versuche, Kultur zu ermöglichen, und lasse sich dabei nicht von seinem persönlichen Geschmack leiten. Als Beispiel führt er das Choreografische Zentrum an, das in Bleiburg entstehen soll. Mit von der Partie ist Johann Kresnik - und dieser zähle "sicher nicht zu unseren politischen Freunden".

Im Gespräch mit dem "Standard" zählt Dobernig die Schwerpunkte der letzten Jahre auf: der Ausbau des Musikschulwerks samt der neuen Musikakademie in Ossiach und der Kultursommer. Nun werde die Messehalle 11 als Mittelbühne etabliert, spätestens im Februar stehe die neue Leitung für das Landestheater fest.

Dass die freie Szene mehr Geld als früher bekomme, wie Dobernig behauptet, lässt sich an den Zahlen der Kulturberichte nicht wirklich ablesen. Auffällig ist aber eine Diskrepanz: Einerseits listet man penibel jede 100-Euro-Förderung auf, andererseits schafft man größtmögliche Intransparenz. Im Bericht 2009 werden 328.424,65 Euro als "diverse Zahlungen" bezeichnet - u. a. für die 10.-Oktober-Feier, das Haus der Volkskultur und "A Gaude muass sein".

Überhaupt macht das Kapitel Brauchtums- und Heimatpflege Staunen: Mit Subventionen bedacht wurden hunderte Trachtenkapellen, Sängerrunden, Gesangsvereine, Volkstanzgruppen, Abwehrbünde; die Brauchtumsmesse erhielt 337.774 Euro, der Heimatherbst 431.171. Insgesamt flossen 2,16 Millionen in die Brauchtumspflege: "Dazu stehe ich zu 100 Prozent", sagt Dobernig. "Diese 2,37 Prozent des Kulturbudgets sind zumutbar."

Josef E. Köpplinger, der scheidende Intendant des Landestheaters, sieht es gelassen. Gegenüber dem "Profil" fragte er sich, was ihn mehr aufregt: dass sich Dobernig "eher für Volkskultur und Finanzen begeistern kann" - oder dass Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) keine einzige Vorstellung besuchte. Womit der Ball wieder beim Bund wäre. (Thomas Trenkler/ DER STANDARD, Printausgabe, 7.1.2011)