Genf - Die Finanzkrise hat die Widerstandskraft der Welt geschwächt. Weitere Schocks können sie härter treffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Studie, die sich auf fast 600 Experten aus Wissenschaft und Unternehmen stützt und die am Mittwoch vom Weltwirtschaftsforum (WEF) in Genf veröffentlicht wurde. Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft müssten deshalb "ihren Hang zu schnellen oder kurzfristigen Lösungen ablegen und stattdessen langfristig denken", meinte dazu etwa der Risikoexperte Howard Kunreuther vom Wharton Center an der Universität von Pennsylvania.

Laut Kunreuther ist eine Änderung dieser Politik der Führungskräfte unvermeidbar. "Damit würden sie einen wichtigen Schritt hin zu einer Haltung tun (...), die zunehmend komplexen und verknüpften globalen Risiken wirkungsvoll zu vermindern." In etwa zwei Wochen hält das WEF im Wintersportort Davos wieder sein alljährliches Treffen der Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik ab.

Zehn-Jahres-Sicht

Die Studie "Globale Risiken 2011" bezieht sich auf die Einschätzung von Konsequenzen und Zusammenhängen von zahlreichen Risiken auf Sicht von zehn Jahren. Zu den Risiken gehören unter anderem die weltweiten volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte. Aus der wachsenden Verschuldung von Industrienationen, den hohen öffentlichen Verbindlichkeiten aus den Sozialversicherungssystemen und der Unsicherheit an den Finanzmärkten sei ein undurchschaubarer Komplex ökonomischer Risiken entstanden. "Die meisten Industrienationen verfolgen keine nachhaltige Geldpolitik", erklärt Daniel Hofmann, Chefökonom von Zurich Financial Services, dazu.

Auch stoße die Welt bei absoluten Grundbedürfnissen wie Wasser, Nahrungsmittel und Energie an Grenzen. Hauptproblem dabei seien die schnell wachsende Weltbevölkerung, der steigende Wohlstand und der Klimawandel. Rohstoffe seien nur begrenzt verfügbar. Alle diese Faktoren seien eng miteinander verknüpft, was die Umsetzung von Abhilfemaßnahmen zusätzlich erschwere.

Weitere Risiken seien die Zunahme von Cyber-Diebstählen bis hin zu der bisher weitgehend unerforschten Möglichkeit der umfassenden Cyber-Kriegsführung, also mit Mitteln der Informationstechnik. Auch bestehe die erneute Gefahr der Verbreitung von Kern- und biologischen Waffen. Risiken steckten auch in Rückzugsbestrebungen aus der Globalisierung. Dies geschehe häufig aus populistischen Gründen. (APA)