Ärztliches Geheimwissen: Über die Qualität der Spitäler erfahren Patienten wenig.

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Wien - Die Homepage funktioniert watscheneinfach. Patienten geben anonym ihre Krankheit ein, und schon poppen passende Spitäler im Umkreis auf. Der Clou: Mitgeliefert wird eine vielfältige Bewertung der Qualität, die vom Behandlungserfolg über den Umgang mit Beschwerden bis zur Genießbarkeit des Essens reicht.

Die Seite qualitätskliniken.de umfasst deutsche Krankenhäuser - in Österreich tappen Patienten weitgehend im Dunkeln. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) verspricht, das zu ändern. Auch als Reaktion auf die Kritik von EU-Gesundheitskommissar John Dalli, der jede zehnte Spitalsbehandlung für schädlich hält, will Stöger mehr Transparenz durchsetzen, um so die Qualität zu heben.

Kurioserweise ist das, was der Minister fordert, längst Vorschrift. Das Gesundheitsqualitätsgesetz von 2005 ordnet den Aufbau einer einheitlichen "Qualitätsberichterstattung" im Gesundheitswesen an. "Doch das ist totes Recht", sagt Niederösterreichs Patientenanwalt Gerald Bachinger: Kein Minister habe seither die zur Umsetzung nötigen Verordnungen erlassen. Und die Ärztekammer, ergänzt Bachingers Kollege Alexander Ortel, stünde ohnehin auf der Bremse: "Weil sich Qualität angeblich nicht messen lasse - und es sich ja um Kunst handle."

Die Patientenanwälte vermuten dahinter eine Lebenslüge. "Wir pflegen den Mythos, das beste Gesundheitsystem der Welt zu haben", meint Bachinger: "Damit dieses Bild nicht wegbricht, wollen viele lieber nicht zu genau hinschauen." Ein Staat, der zwölf Prozent seiner Wirtschaftsleistung fürs Gesundheitssystem ausgebe, solle aber nachfragen, was mit dem Geld geschehe: "Und der Patient hat das verdammte Recht zu wissen, wo er Qualität bekommt."

Stögers Pläne wertet Bachinger durchaus als Kurswechsel. Doch die Mühlen mahlen langsam: Derzeit testet das Ministerium Systeme für die Erhebung. Auf die alte Phantomregelung, die viel Umsetzungsspielraum lasse, setzt der Minister wenig: Er will ein neues, einheitliches Bundesgesetz. (Gerald John/DER STANDARD-Printausgabe, 14.1.2011)