Brüssel - Die Finanzminister der Eurozone wollen sich am kommenden Montag in Brüssel erneut mit dem geplanten künftigen Euro-Stabilisierungsmechanismus (ESM) befassen. Bis zum EU-Frühjahrsgipfel Ende März soll dazu ein Gesamtpaket zur Lösung der Euro-Krise vorliegen, hatte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble am Donnerstag gesagt.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Forderung nach Aufstockung des Euro-Rettungsschirms zurückgewiesen. Schäuble hatte dagegen erklärt, er könne "durchaus erkennen, dass man darüber diskutieren muss", ob die 750 Mrd. Euro des Rettungsschirms tatsächlich zur Verfügung stünden.

Lagarde: Ausdehnung "eine Idee"

Nach Angaben von Diplomaten steht eine zuletzt auch von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Währungskommissar Olli Rehn geforderte Ausweitung des Rettungsschirms nicht auf der Tagesordnung des Treffens, und Entscheidungen seien dazu keine vorgesehen. Die Forderung der EU-Kommission könnte aber am Dienstag unter den EU-Finanzministern im Rahmen des von der Brüsseler Behörde vorgestellten Jahreswachstumsberichts zur Sprache kommen, wo es heißt: "Nach Auffassung der Kommission müssen die effektiven Finanzierungskapazitäten der EFSF aufgestockt und ihr Einsatzbereich erweitert werden."

Die französische Finanzministerin Christine Lagarde bestätigte am Freitag, dass auf dem Finanzministertreffen über eine Ausweitung des Rettungsschirms zumindest diskutiert werde. Eine Erweiterung des Garantierahmens von 440 Milliarden Euro sei "eine Idee".

Der belgische Finanzminister Didier Reynders plädierte am Freitag für eine Verdoppelung des europäischen Rettungsschirmes. Er sei für eine Ausweitung der Mittel auf 1.500 Milliarden Euro, bestätigte ein Sprecher des Finanzministeriums in Brüssel entsprechende Pressemeldungen. Ebenso bestätigte er Äußerungen des Ministers, nach denen eine derartige Erhöhung in Europa durchaus im Gespräch sei.

Regling warnt vor Schnellschüssen

Der Chef des Euro-Rettungsfonds (EFSF), Klaus Regling, hat diesbezüglich vor überhasteten Beschlüssen gewarnt. "Es besteht kein zeitlicher Druck, Änderungen beim Euro-Rettungsfonds übers Knie zu brechen", sagte Regling der "Bild"-Zeitung (Samstag-Ausgabe). "Vom Gesamtvolumen der EFSF zur Unterstützung angeschlagener Euro-Staaten sind im Fall Irlands, das als einziges Land bisher befristete Liquiditätshilfe beantragt hat, nicht einmal 10 Prozent zugesagt. Alle Euro-Staaten haben weiterhin Zugang zu den Kapitalmärkten." 

Zugleich trat Regling Befürchtungen entgegen, der anhaltende Streit im Kreis der Euro-Staaten könnte die Attraktivität des EFSF bei ausländischen Investoren beschädigen. "Die aktuelle Diskussion um den Euro-Rettungsfonds hat keine Auswirkung auf unsere erste Emission Ende Januar. Die EFSF hat das Top-Rating 'AAA' von den großen Ratingagenturen. Damit sind die Bonds eine besonders sichere Anlage. Das Interesse internationaler Investoren in unsere Anleihen ist sehr hoch."

Nur Irland beanspruchte bisher Hilfen

Der von den Euro-Staaten im Vorjahr geschaffene EFSF verfügt nominell über 440 Mrd. Euro. Um von den Ratingagenturen weiter die Bestnote "AAA" zu erhalten, müssen allerdings Bedingungen erfüllt werden, die das effektive Kreditvolumen auf etwa 250 Mrd. Euro reduzieren. Zum ESFS kommt zusätzlich eine Sonderkreditlinie der EU-Kommission von 60 Mrd. Euro und und Darlehen des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 250 Mrd. Euro, wodurch der Euro-Rettungsschirm insgesamt über ein nominelles Volumen von 750 Mrd. Euro verfügt. Im Rahmen des EFSF haben die Euro-Staaten Garantiezusagen abgegeben. Bisher hat nur Irland 17,5 Mrd. Euro aus dem Kriseninstrument beansprucht. Weil Irland sich nicht weiter an den bis zu 80 Mrd. Euro schweren Krediten der Euro-Länder für Griechenland beteiligt, wollen die Euro-Finanzminister auch hier eine Anpassung erörtern. Irland ist mit 1,64 Prozent an der Griechenland-Hilfe beteiligt.

Faymann betont Wichtigkeit des Schutzschirms

Österreichs Kanzler Werner Faymann (SPÖ) hat vor seinem Treffen mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Jose Socrates in Lissabon die Wichtigkeit des Euro-Schutzschirmes für die Stabilität der Gemeinschaftswährung betont. Er sei "überzeugt, dass Portugal auf dem richtigen Weg ist, seine Wirtschaft zu stärken und Stabilität zu haben", sagte Faymann am Freitag in einem kurzen Interview mit dem portugiesischen Fernsehen.

"Die Stabilität des Euro ist eine der Hauptaufgaben in diesem Jahr", führte Faymann aus. Er freue sich darauf, diese Fragen mit seinem portugiesischen Amtskollegen zu besprechen. Der Bundeskanzler hatte Freitag früh in seinem Hotel ein Arbeitsfrühstück mit Notenbankgouverneur Ewald Nowotny, der an den Delegationsgesprächen teilnehmen wird.

Grundsätzlich gab sich Faymann in Lissabon gegenüber Journalisten zu Fragen der Schuldenkrise Portugals verschlossen. Man sei in der EU übereingekommen, nicht ständig zu dieser Frage öffentlich Stellung zu nehmen.

Faymann fuhr beim Amtssitz des portugiesischen Ministerpräsidenten mit einem Elektroauto vor. Zuvor hatte er dem Elektrotankstellen-Netzwerk Mobi.E einen Besuch abgestattet. Portugal verfolgt das ehrgeizige Ziel, ein flächendeckendes Netz von Ladestationen für Elektroautos zu errichten. Auch ein Besuch der Schule Escola Basica do Bairro do Amador stand auf dem Programm.

Nachfolge für Tumpel-Gugerell

Die Euro-Finanzminister wollen kommende Woche auch über die Nachfolge der österreichischen EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell Ende Mai beraten, allerdings sind dazu noch keine Entscheidungen zu erwarten, hieß es in diplomatischen Kreisen.

Für Tumpel-Gugerell muss nicht automatisch ein Österreicher nachrücken. Wahrscheinlich ist aber, dass der Posten wieder mit einer Frau aus einem kleinen Euro-Land besetzt wird. Als potenzielle Kandidatinnen gelten die belgische Notenbankdirektorin Marcia De Wachter, das Vorstandsmitglied der niederländischen Zentralbank Arianne Joanne Kellermann, und die langjährige Vizepräsidentin der slowakischen Notenbank, Elena Kohutikova. Im Juni soll die EU nach Angaben von Diplomaten über die Nachfolge des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, entscheiden, dessen Amtszeit Ende Oktober 2011 ausläuft.  (APA)