Feng-Shui für Greifvögel: Je mehr weißes Plastik der Schwarzmilan in sein Nest einbaut, desto stärker ist der Bewohner der Brutstätte.

Foto: F. Sergio

Washington - Über architektonischen Geschmack lässt sich bekanntlich streiten - insbesondere dann, wenn Menschen mit ihren Häusern ihren Reichtum zur Schau stellen wollen. Bei vielen Vogelarten und ihren Nestern ist das nicht viel anders: Da werden Steine, Pflanzen oder Schlangenhäute als Dekoration verwendet, um so Artgenossen bestimmte Dinge "durch das Nest" zu sagen.

Spanische Forscher fanden nun allerhand Erstaunliches über den Nestbau des Schwarzmilans heraus, einem nahezu weltweit verbreiteten Greifvogel. Die Vogelkundler beobachteten im südspanischen Naturpark Doñana die Errichtung von insgesamt 127 Nestern der Bussard-großen Vögel. Dabei zeigten sich interessante Unterschiede: 77 Prozent der Nester wurden dekoriert - und zwar etwa 20 Tage vor der Eiablage mit weißen Plastikteilen. Andersfarbige Plastikteile oder andere Materialien lehnten die Schwarzmilane fast vollständig ab.

Während ganz junge oder ältere Tiere ihre Nester nur wenig oder gar nicht schmückten, scheinen vor allem Tiere im mittleren Lebensalter bis zu etwa zwölf Jahren unter Dekorationszwang zu stehen, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe von Science (Bd. 331, S. 327).

Mit dem weißen Plastikdekor dürften die Tiere vor allem Stärke signalisieren, denn wie die Forscher beobachteten, waren die Nestbewohner bei der Abwehr von Feinden umso erfolgreicher, je stärker ein Nest dekoriert war. Schmückten die Forscher die Nester von sehr jungen oder sehr alten Vögeln absichtlich aus, warfen diese die Dekoration umgehend wieder hinaus. Sie wollen scheinbar nicht stärker erscheinen, als sie sind. (tasch, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. Jänner 2011)