"Kompetenz vorhanden" - keine "Verschiebung", aber alles aus einem Guss - Warnung vor dem Schicksal der Ambulanzgebühr - Sorge um den sozialen Frieden

Linz (APA) - Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl wiederholte bei einer Pressekonferenz am Freitag in Linz anlässlich des Landestages des OÖ. Wirtschaftsbundes das Angebot der Sozialpartner an die Bundesregierung, an einer Pensionsreform mitzuarbeiten und dazu bis Ende September ein gemeinsames Papier vorzulegen. Die Kompetenz wäre vorhanden, bekräftigte er unter Hinweis auf die von den Sozialpartnern ausgearbeitete "Abfertigung neu".

Bis 30. September solle ein umfassendes Gesamtpaket - also auch die Harmonisierung, die Frage des Pensionskontos - vorgelegt werden. "Das hineinzubringen würde viel von den gegenwärtigen Ängsten und Besorgnissen der Bevölkerung wegnehmen", argumentierte Leitl und erläuterte: das was jeder im Laufe seines Lebens einzahle, fiktiv verzinst, die Öffentlichkeit mache großzügig Ersatzzeiten - für Kinderbetreuung beispielsweise - und dann könne am Ende eines Berufslebens jeder selbst entscheiden, wann er in Pension gehen wolle. Das bisherige Denken in starren Perioden halte er nicht für sinnvoll.

"Ich lege Wert auf die Feststellung, dass es sich nicht um eine Verschiebung handelt", erklärte Leitl. Die Regierung wolle sich sich ohnehin mit dem Thema Pensionskonto "so ab Jänner kommenden Jahres" beschäftigen, berichtete Leitl. Das wäre dann der nächste Schritt. "Die Sozialpartner hingegen sagen: Machen wir es doch gleich aus einem Guss". Von "Verschiebung" könne keine Rede sein, im Gegenteil: wenn die Regierung sage, sie wolle die zweite Stufe im Jänner machen und wenn die Sozialpartner sagen, sie wollen das bis 30.9. machen, dann wären sie sogar drei Monate schneller als die Regierung.

Das seien aber nur "Angebote", die Regierung sei zum Regieren befugt, schränkte Leitl ein. Die Sozialpartner seien weder eine Ersatz- noch eine Nebenregierung. Sie könnten nur Expertenwissen und vernetztes Denken anbieten. Das seien aber Dinge, wo man klug beraten sei, dies zu machen. Die Regierung könne natürlich Dinge allein machen. Sie habe die Ambulanzgebühr ohne Sozialpartner gemacht, "das Ende der Geschichte ist bekannt", warnte Leitl.

Die Sozialpartner hätten bewiesen, dass sie Kompetenz hätten - "Abfertigung neu" sei politisch zerstritten gewesen, die Sozialpartner hätten die Einigung gebracht, ebenso beim Arbeitnehmerschutzgesetz. "Wenn man bis 30.9. nix zusammenbringt, kann die Regierung noch immer im Herbst für das Jahr 2004 irgendetwas beschließen", sagte Leitl.

Der Wirtschaftskammerpräsident stellte zudem fest, es gehe um die Frage des Einbindens, um den sozialen Frieden. "Das macht mir schon große Sorgen und nicht nur mir", betonte er und nannte die Kardinäle König und Schönborn und Bundespräsident Thomas Klestil. Das sei ja nicht "irgendetwas", dann sollte man doch noch einmal darüber nachdenken. Es gehe ihm aber auch darum, zu sagen, dass Streiks "absolut sinnlos" seien. Sie würden keine Probleme lösen, sondern neue schaffen: Für den Wirtschaftsstandort - wenn Betriebe bestreikt würden, würde in Wahrheit Arbeit bestreikt. Jetzt habe man einmal den Ausdruck einer Demonstration gehabt, aber Betriebe sollten nicht bestreikt werden, weil es in Wirklichkeit um eine Auseinandersetzung mit der Regierung gehe. Die Unternehmer selbst seien von der Pensionsreform genauso betroffen.

Leitl gestand ein, es könnte bei der Regierung die Sorge bestehen, wenn die "Hürde 4. Juni" nicht genommen werden könne, dass dann der Schwung heraus sei und alles zerredet werde. Das sei die eine Betrachtungsweise, die andere sei, wie hoch seien die politischen und sozialen Folgekosten, wenn man das nicht im Konsens, sondern im Konflikt mache. Er könne, wenn es darauf ankomme, für eine Sache kämpfen - "ich stamme von einem Bauernkriegsführer ab und habe ein bisserl was davon im Blut" - aber der soziale Konsens sei ein "Markenzeichen, ja eine Identität Österreichs" geworden, gab er zu bedenken. Es sei leicht, Porzellan zu zerschlagen, wenn man es kitten müsse, dauere es länger und es sei die ursprüngliche Form nur mehr schwer wieder erreichen. Er könne mit dem Begriff "Konfliktrepublik" nichts anfangen, er stehe zur Konsensrepublik", damit sei Österreich groß geworden, hielt Leitl fest. (APA)