Mit einem Supermikroskop werden am Zentrum für Pharmakogenetik Körperzellen dreidimensional dargestellt.

Foto: Neumayr

Was dem einen Patienten optimal hilft, kann beim nächsten wirkungslos bleiben und bei einem Dritten bereits schwere Nebenwirkungen hervorrufen und - im Extremfall - sogar tödliches Gift sein. Neben Faktoren wie Alter oder Lebensstil spielen auch genetische Merkmale eine entscheidende Rolle, wie Menschen auf Medikamente reagieren.

Der Abbau von Medikamenten und anderer körperfremder Stoffe (Xenobiotika), die beispielsweise über die Nahrung aufgenommen werden, erfolgt über Enzyme. Unterschiedliche "genetische Kostüme" der Menschen führen jedoch dazu, dass beispielsweise Antidepressiva, die vom Enzym CYP2D6 abgebaut werden, von etwa sechs Prozent der europäischen Bevölkerung nur ungenügend abgebaut werden können.

Schwere Nebenwirkungen sind die Folge. Umgekehrt werden diese Medikamente von vier Prozent überaus rasch ausgeschieden, bleiben also wirkungslos.

An der Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg werden seit Jahresbeginn an einem eigenen Forschungszentrum Pharmakogenetik und Pharmakogenomik die genetischen Ursachen für diese unterschiedlichen Wirkungen untersucht.

Ziel sei es, für jeden Patienten die optimale Zusammensetzung der Medikamente zu finden und so deren Einsatz wirksamer und sicherer zu machen, erläutert der Leiter der neuen Forschungsabteilung Markus Paulmichl.

Todesfälle

Als Beispiel für die praktische Anwendung der Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Pharmakogenetik nennt Paulmichl auch ein für viele Patienten hochwirksames Cholesterinmittel. Dieses musste nach einigen Todesfällen vom Markt genommen werden. Inzwischen habe man herausgefunden, dass eine genetische Veränderung in der Leber zu den gefährlichen Nebenwirkungen geführt habe. Werden nun Patienten mit diesem "Transportdefekt" aus der mit diesem Medikament behandelten Gruppe herausgenommen, könne das an sich sehr gute Medikament auch wieder eingesetzt werden.

Anders als die bisherige Forschung, die sich vor allem mit dem Abbau von Xenobiotika beschäftigt hatte, wollen die Salzburger sich vermehrt der Aufnahme und der Verteilung der Stoffe im Körper widmen. Im Mittelpunkt stehen dabei Krebs- und Asthmamedikamente. Laut Paulmichl sei man mit diesem Schwerpunkt in Europa konkurrenzlos.

Finanziert wird das Forschungszentrum vom Land Salzburg mit jährlich 350.000 Euro. Die Pharmafirma Hoffmann-La Roche hat jährlich 400.000 Euro zugesagt. Aus Sicht des Landes Salzburg enthält die Fördervereinbarung übrigens ein absolutes Novum: Für den Fall, dass die akquirierten Drittmittel die Zehnmillionenmarke übersteigen, hat Paulmichl die Rückzahlung der Landesgelder in Aussicht gestellt. (Thomas Neuhold/DER STANDARD, Printausgabe, 26.01.2011)