London - Das hat der Regierung von Premier David Cameron noch gefehlt. Schon bevor das rigide Sparpaket in Großbritannien seine Wirkung entfaltet, befand sich die Wirtschaft bereits im Rückwärtsgang. Wie das nationale Statistikamt am Dienstag überraschend mitteilte, schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2010 gegenüber der Periode von Juli bis September um 0,5 Prozent. Zwar wurde die Wirtschaftskraft auch von den Wetterkapriolen vor Weihnachten gebremst, allerdings hätte auch ohne meteorologische Schwächung bestenfalls eine Stagnation der Konjunkturlage herausgeschaut.

Die Regierung muss nun überlegen, inwieweit der auf einem Konjunkturaufschwung basierende Plan zum Schuldenabbau noch realistisch ist. Sollten weitere Einsparungen notwendig werden, würde dies die Wirtschaft möglicherweise zusätzlich beeinträchtigen. Ohne Gegensteuerung wiederum könnte die Kreditwürdigkeit des Landes in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Europa-Chefvolkswirt von Capital Economics, Jonathan Loynes, sprach von einem "schockierend schlechten" Ergebnis.

Die Zahlen weckten "ernsthafte Sorgen, ob die Wirtschaft stark genug ist, um der bevorstehenden Verschärfung der Finanzlage standzuhalten". Die Erwartung eines Wachstums von 1,3 Prozent 2011 müsse nun nach unten korrigiert werden, und die Bank of England werde unter erhöhtem Druck stehen, wieder Geld in die Märkte zu pumpen, warnte Graeme Lech, leitender Ökonom des Wirtschaftsverbands Institute of Directors. An der Londoner Börse fiel das Pfund nach Bekanntwerden der Konjunkturdaten um 1,4 Prozent auf 1,5753 Dollar.

Die Geldpolitik des Landes steht schon im Fokus, seit das Land mit einer Dezember-Inflationsrate von 3,7 Prozent aufhorchen ließ. Das nährte die Erwartungen, dass die Bank of England bereits im April oder Mai die Zinsen erhöhen werde. In der Zwischenzeit fand die Anhebung der Mehrwertsteuer statt, die die Preise zusätzlichen treiben wird. Der britische Schatzkanzler George Osborne sagte, die Regierung werde sich "durch schlechtes Wetter nicht vom Kurs abbringen lassen." Der Finanzplan werde nicht geändert. (red, DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2011)