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Magier und Marketinggenie: Der Komponist Franz Liszt, der 1811 im (heute) burgenländischen Raiding zur Welt kam.

Foto: Archiv

 In seinem Geburtsort Raiding wird am Donnerstag das Liszt-Festival eröffnet.

Raiding/Wien - Salonlöwe und Asket, Tastentiger und Meditateur, Frauenheld und in seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten Abbé. Franz Liszt ist eine der mit Abstand widersprüchlichsten Komponistenpersönlichkeiten der Musikgeschichte. Und er ist auch einer jener Komponisten, über die die meisten Klischees im Umlauf sind. Vieles davon ist wahr, doch zuweilen stimmt gleichzeitig auch das Gegenteil.

Dies gilt für sein ausgesprochen bewegtes Leben ebenso wie für seine Werke. Glätte und Oberflächlichkeit wurde ihnen oft vorgeworfen - doch wer so etwas über Listzt an und für sich sagt, kann nur einen kleinen Teil seines OEuvres kennen. Unbestreitbar gibt es von ihm reichlich Leichtgewichtiges, besonders unter den hochvirtuosen Schaustücken für Klavier - jenes Instrument, dessen Spieltechnik Liszt mit seinen gefürchteten Etüden allerdings auch auf eine neue Entwicklungsstufe gehoben hat.

Visionärer Tonsetzer

Gleichzeitig gehörte das ehemalige Wunderkind zu den visionärsten Tonsetzern seiner Zeit, das zum Beispiel mit seinen Symphonischen Dichtungen neue formale Lösungen suchte und fand oder sich den Kopf darüber zerbrach, wie man die Oktave noch anders einteilen könnte als in der üblichen Dreiklangharmonik. Und damit auch einmal wie nebenbei, aber ganz bewusst, die Grenzen der Tonalität sprengte.

Am Ende seines Lebens schrieb Liszt, der zuvor gerne in jeder Hinsicht aus dem Vollen geschöpft hatte, schließlich auch Stücke von bis dahin unerhörter Kargheit. Als er 1886 starb, hatte er damit schon die modernistische Reduktion kompositorischer Strömungen nach 1900 vorweggenommen.

In Raiding, jenem kleinen, heute burgenländischen Dorf, in dem Franz Liszt am 22. Oktober 1811 auf die Welt kam, wurde 1951 sein Geburtshaus als Museum eingerichtet und kürzlich neu adaptiert. Seit 2006 finden in Raiding auch Festivals statt, die sich dem schillernden Genie widmen.

Dazu wurde ein neues Konzerthaus errichtet, das in seinem großen Saal knapp 600 Sitzplätze bietet - ein idealer Rahmen also für Klavier- und Kammermusik, die hier vor allem im Zentrum der Programme steht.

Im heurigen Jubliäumsjahr bietet das Festival in vier Blöcken im Winter, Frühjahr, Sommer und Herbst einen Klavierzyklus, einen Orchesterzyklus, einen Lieder- und Vokalzyklus. Außerdem umfasst es auch grenzüberschreitende Konzerte sowie Uraufführungen und Improvisationen, die sich mit der Liszt'schen Musik auseinandersetzen sollen.

Seit 2009 sorgt das Pianistenduo Eduard und Johannes Kutrowatz für die Programmierung. Sie lassen sich auch regelmäßig selbst als Interpreten hören, zum Beispiel gleich bei der   Eröffnung. Auch verbal brechen die beiden für Liszt eine Lanze: "Er war und ist als Komponist, Weltbürger und Europäer für unsere internationale Tätigkeit als Künstler ein großes Vorbild", sagen die beiden künstlerischen Leiter. "Wir wollen versuchen, seine Musik und Virtuosität dem Publikum zu erschließen." (Daniel Ender / DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2011)