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Adieu, mein kleiner Gardeoffizier: Der Bundeskanzler betont ausdrücklich, wie sehr er hinter seinem Verteidigungsminister steht. Fußballexperte Norbert Darabos wird wissen, was das heißt.

Foto: APA/Hochmuth

Wien/Kroatisch Minihof - Norbert Darabos gehört nicht zum engsten Kreis um den Bundeskanzler. Manchmal wirkt es fast so, als ob der Exil-Burgenländer in der Regierung nur geduldet wird. Darabos ist dabei, aber nicht mittendrin. Freundschaft ist für ihn ein Gruß, seine Freunde sucht er sich abseits der Politik. Mit der Blase um Laura Rudas kann er wenig bis gar nichts anfangen.

Darabos gilt als Gusenbauer-Mann, der Ex-Kanzler hatte seinen langjährigen Vertrauten im Jänner 2007 als Verteidigungsminister in die Regierung geholt. Ausgemacht war das Innenressort, aber das musste Gusenbauer der ÖVP überlassen. Darabos nahm folgsam an anderer Stelle Platz. Parteigehorsam weiß er selbst zu schätzen, seit er als Bundesgeschäftsführer die Geschicke der SPÖ zu beeinflussen versuchte, übrigens durchaus erfolgreich.

Dass er jetzt von der "Kronen Zeitung" so heftige Unterstützung erfährt, liegt am Thema, nicht an seiner Person. Eigentlich wäre Darabos einer, der sich nicht unbedingt in der "Krone" wiederfindet und auch nicht auf den Boulevard setzt.

"Krone"-Syndrom

Aber wer seine Politik nach Opportunität ausrichtet, kann sich seine Freunde nicht immer aussuchen. Darabos' Kehrtwende in der Frage der Wehrpflicht - vom glühenden Verteidiger zu deren Gegner - ging synchron mit einer Kampagne der "Krone" und einer Wahlkampfaussage des Wiener Bürgermeisters. Das Porzellan, das er daraufhin zerschlug, indem er Generalstabschef Edmund Entacher feuerte und mit ungeschickten Äußerungen ("die Militärs sind nicht relevant") auch noch den letzten Offizier gegen sich aufbrachte, trägt nicht dazu bei, seinen Stand in der Regierung zu festigen. Faymann hält in dieser Situation an seinem Verteidigungsminister fest. Der ist allerdings fußballaffin genug, um das Muster erkennen zu können: Immer dann, wenn ein Vereins-Präsident sich demonstrativ hinter seinen Trainer stellt, ist für den Feuer am Dach. Und tatsächlich ist der Ärger im Kanzleramt und in der Parteizentrale über das vergebene Thema enorm.

In so einer Situation ist es dann zweitrangig, wer genau nun das Thema vergeigt hat. Faymanns mittlerweile sprichwörtliche Fähnchenhaftigkeit im launischen Wind des Boulevards hat eben seine Entsprechung in der geradezu selbstgeißlerischen Loyalität des Verteidigungsminister. Die zeigte sich schon bei seiner Bestellung 2007, die ihn sichtbar mitnahm, was Kanzler Gusenbauer aber wenig mehr wert war als Anlass zu Spöttelei.

Mag sein, Alfred Gusenbauer bereut die billige Witzelei bereits. Denn trotz des medialen Erscheinungsbildes ist Norbert Darabos einer der ganz, ganz wenigen in der aktuellen SPÖ-Führung, die intellektuell in der Lage wären, die Krise der Sozialdemokratie wenigstens zur Kenntnis zu nehmen. Immerhin ist er einer, der bewiesen hat, dass er diese Partei im Fall des Falles auch gegen den Strich bürsten kann.

Es war Darabos, der die burgenländischen Genossen von ihrer assimilistischen Volksgruppenpolitik abbrachte. In seiner Diplomarbeit ("Zum Selbstverständnis der Burgenlandkroaten in der 2. Republik") hatte er sich ins Thema vertieft, das er dann als Landeschef des parteieigenen Renner-Instituts und als Bürochef von Landeshauptmann Karl Stix zum politisch wirksamen Leben erweckte.

Norbert Darabos gilt - vielleicht ist die parteiinterne Herablassung darauf zurückzuführen - als Burgenländer, ja als Burgenlandkroate. Beides stimmt aber nicht ganz. Denn der Absolvent des privat-katholischen Marianums in Wien-Währing, Sohn von Wochenpendlern, kann genauso gut als Wiener durchgehen. Nur entschloss er sich, fürs Burgenland quasi zu optieren, selbst die kroatische Sprache erlernte er erst spät und aus eigenem Entschluss. 1987, mit 23 Jahren, zog er in den Gemeinderat von Nikitsch (Filez) ein, zu dem sein Heimatort, Kroatisch Minihof (Mjenovo), gehört.

Bis jetzt galt im Burgenland als ausgemacht, dass Hans Niessl noch vor 2015 als Landeshauptmann Platz macht für Norbert Darabos. Zuletzt aber hieß es, Niessl habe vor durchzudienen. Viele Burgenländer glauben, dass dies genauso fest in Stein gemeißelt sei wie die allgemeine Wehrpflicht. (Michael Völker, Wolfgang Weisgram/DER STANDARD-Printausgabe, 29./30.1.2011)