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Das "einfache Parteimitglied" droht mal wieder...

Foto: REUTERS/Michael Leckel

Wien - Ohne gleichzeitige Harmonisierung der Pensionssysteme samt Abbau von Pensionsprivilegien sei die Pensionsreform "nicht beschlussreif", erklärte der Kärntner LH Jörg Haider am Samstag in der ORF-Radio-Reihe "Im Journal zu Gast". Für den Privilegienabbau brauche man eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Diese müsse vor dem Beschluss der Pensionsreform sichergestellt werden, an dem von FPÖ-Chef Herbert Haupt vorgeschlagenen Runden Tisch beim Bundespräsidenten gemeinsam mit Opposition und Sozialpartnern. Sollte es zu keiner Einigung kommen, schließt Haider Neuwahlen nicht aus.

"Ich sehe nicht ein, dass man bei den ASVG-Versicherten eine Pensionsreform macht und das andere auf den St. Nimmerleinstag verschiebt und sagt, man hat leider keine Zweidrittelmehrheit gehabt", sagte Haider. Die Experten hätten in der FPÖ-Tagung am Donnerstag erklärt, dass man für die Harmonisierung ein Verfassungsgesetz brauche. Für Haider bedeutet Harmonisierung den auch rückwirkenden Abbau von Pensionsprivilegien bei "Sozialversicherungsdirektoren, Post, Bahn, Politikern".

FPÖ werde sich nicht "über den Tisch ziehen lassen"

Die FPÖ werde sich "in dieser Frage nicht über den Tisch ziehen lassen". Bei der Tagung seien die "notwendigen Maßnahmen" bei 99,9 Prozent der Funktionäre auf positive Zustimmung gestoßen. Und die Parteiführung habe "gesehen, dass sie eine starke Rückendeckung hat für einen harten und konsequenten Weg auch gegenüber dem Koalitionspartner".

Haider will an Rundem Tisch teilnehmen

Der Kärntner Landeshauptmann will außerdem am Runden Tisch zur Pensionsreform teilnehmen. Das erklärte der frühere FPÖ-Chef laut Vorausmeldung vom Samstag in einem Interview für das am Montag erscheinende "profil". Er werde eine entsprechende Einladung von Bundespräsident Thomas Klestil annehmen und will einen verbindlichen Abschluss der Beratungen am Runden Tisch erreichen.

"Entscheidend ist, dass alle Beteiligten ein entsprechendes Papier unterschreiben, auch die Sozialpartner und die Opposition", sagt Haider. Dessen ungeachtet fordert er weiterhin eine Volksabstimmung über die Pensionsreform. Der Landeshauptmann: "Ich bin von dieser Idee nach wie vor überzeugt und völlig auf einer Linie mit Vizekanzler Haupt."

Scheut neuerlichen Bruch der Koalition nicht

Sollte die Reform scheitern, scheut Haider auch einen neuerlichen Bruch der Koalition nicht: "Ich fürchte mich nicht vor Neuwahlen." Bei Neuwahlen hätte die FPÖ seiner Meinung nach gute Karten. Laut Haider könnte die FPÖ "auf 15 Prozent der Stimmen" kommen, die ÖVP würde dagegen "wesentlich unter 40 Prozent fallen".

Parteiführung würde er auch wieder übernehmen

Die Parteiführung würde er, "wenn es notwendig ist", übernehmen. "Das weiß auch der Herbert Haupt, deshalb greift er auch in der jetzigen Situation auf meine Hilfe zurück." Aber im Moment bestünde nicht die Notwendigkeit, dass Haupt ihn bittet, die Partei zu übernehmen.

Kritik an Schüssel

Haider übte auch Kritik an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), der sich auf den Beschluss der Pensionsreform am 4. Juni festgelegt hat: Von Schüssels "gedrechselten Erklärungen" habe man "in der jetzigen Situation nichts". Wenn der Kanzler eine Harmonisierung wirklich anstrebe, müsse er jetzt darüber verhandeln. Offenbar sei Schüssel "mit diesem Thema in der Sache selbst nicht sehr vertraut. Sonst könnte er eine solche Vorgangsweise nicht wählen. Außer er hat von vornherein vor, die FPÖ über den Tisch zu ziehen." Er hoffe, so Haider, "dass der Bundeskanzler endlich einsieht, dass es um die Schicksale von Menschen geht".

Für ihn persönlich und für die FPÖ sei das Thema Pensionsreform sehr wichtig: "Wir sind in einer Weichenstellung, gibts die FPÖ noch in ein paar Jahren oder gehen wir zugrunde." Im Moment, seit sie in der Pensionsreform die "Zähne gezeigt" habe, segle die FPÖ wieder auf Erfolgskurs, meinte Haider. Die Pensionsreform-Diskussion sei "die letzte Chance für die FPÖ, wieder das Profil zu bekommen, das sie groß und stark gemacht hat." Deshalb könne man sich nicht mit einem "Papierkompromiss abspeisen" lassen.

Der von Schüssel angestrebte 4. Juni werde mit der gleichzeitigen Fixierung der Harmonisierung wohl "schwer zu halten sein". Notfalls müsse das Parlament über den Sommer weiter arbeiten.

Drohung mit Verzicht auf Kandidatur bei Kärntner Landtagswahl

Einmal mehr drohte Haider auch an, bei der Kärntner Landtagswahl nicht mehr zu kandidieren, sollte die Bundespartei in der Pensionsreform "kneifen". Er zeigte sich allerdings überzeugt, dass Haupt "mit der FPÖ mitzieht" und nicht mit der ÖVP.

Im "profil"-Interview stellt Haider auch zwei weitere Festlegungen der Bundesregierung in Frage. So ist der Ankauf von Abfangjägern - gegen den er schon im Vorjahr lautstark aufgetreten war - für den Kärntner Landeshauptmann keineswegs gesichert. Haider: "Die Eurofighter sind nicht fix."

Und auch bei den geplanten Selbstbehalten beim Arzt - die er im Zuge der Regierungsverhandlungen vehement abgelehnt hat - gibt sich der Ex-FPÖ-Obmann nach wie vor skeptisch. Haider: "Ich halte Selbstbehalte nicht für der Weisheit letzten Schluss." Alternativ kann sich Haider vorstellen, die Höchstbeitragsgrundlage aufzuheben. Haider: "Das wäre gerechter, weil jeder einen gewissen Anteil seines tatsächlichen Gehalts zahlt."(APA/red)