Wien - In Österreich wird statistisch gesehen jeden Tag mindestens ein Kunstwerk gestohlen. Aber nur fünf bis zehn Prozent von ihnen finden laut Bundeskriminalamt (BK) den Weg zurück zu ihren Eigentümern. Dass es sich dabei offensichtlich meist um relativ "kleine Fische" handelt, wird aus einem Vergleich deutlich:

Im Vorjahr wurden laut BK österreichweit Kulturgüter im Wert von 1,8 Millionen Euro gestohlen. Die Skulptur "Saliera", die in der Nacht auf Sonntag aus dem Kunsthistorischen Museum Wien, gestohlen wurde, hat dagegen einen Schätzwert von über 50 Millionen Euro.

163 Kunstdiebstähle

Insgesamt gab es im Vorjahr 163 Kunstdiebstähle. Dabei wurden 239 Bilder entwendet, um fast fünfzig Prozent mehr als 2001. Weiters wurden 203 Statuen gestohlen, eine Steigerung um 56 Prozent. Derzeit besonders gefragt sind, wie Anita Gach, Leiterin der Abteilung Kulturgutfahndung im Bundeskriminalamt kürzlich gegenüber der APA erklärt hatte, Alte Meister und gotische Statuen.

So wurde im Vorjahr aus einem Privathaus in Purkersdorf das Alt-Meister-Bild "Adam und Eva im Paradies" von Jacob Bouttats gestohlen. Für Gach war das "eindeutig ein Auftragsdiebstahl", da das Bild auf legalem Weg nicht mehr zu verkaufen sei und auch nicht mehr bei Auktionen auftauchen könne.

Leichte Beute

Gotische Statuen seien vielfach leichte Beute, die Täter würden sie aus ungesicherten Kirchen stehlen. So verschwand im Juni vergangenen Jahres aus der Pfarrkirche Gumpoldskirchen eine Christus-Statue - nur einer von mehreren Diebstählen, die im Sommer in Kirchen oder Kapellen im südlichen und östlichen Niederösterreich verübt wurden. "Vor allem in Kirchen ist schnelles Geld zu machen", sagte Gach.

Die Täter sind zum Teil in Gruppen organisiert, zum Teil arbeiten sie allein. Bei dem, was auf dem Markt gefragt ist, orientieren sie sich an Auktionspreisen. Zum Weiterverkauf der Beute scheidet der legale Markt eher aus: "Für die Täter wird es immer schwieriger, im Kunsthandel zu verkaufen", sagte Gach.

Beschreibungen zu vage

Auf Grund des Umstandes, dass Kunstdiebstähle oft nicht sofort bemerkt werden und von den Werken vielfach nur vage Beschreibungen vorliegen, sind der Exekutive bei den Ermittlungen die Hände gebunden.

Die Kulturgutfahnder appellieren an die Eigentümer, von den Werken am besten genaue Fotos anzufertigen, die sich im Fall eines Diebstahls auch zur Veröffentlichung im Internet eignen, eventuell unauffällige Markierungen anzubringen sowie Beschreibungen und Daten - etwa Abmessungen - zu notieren. Das erleichtert die Beweisführung, wenn Diebsgut sichergestellt wird.

Identifizierung mitunter diffizil

Dass die Identifizierung eines gestohlenen Bildes recht diffizil sein kann, zeigte ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr, als Anita Gach auf der Kunst- und Antiquitätenmesse ein als gestohlen registriertes Bild des Porträtmalers Friedrich von Amerling entdeckte. Um das Bild eindeutig zuordnen zu können, wurden sogar Museumsfachleute eingeschaltet.

Das 1849 bis 1850 entstandene Gemälde war nach dem Diebstahl aus einer Privatvilla in Wien nämlich durch mehrere Hände gegangen und sogar restauriert worden. Der Täter wurde ausgeforscht. Es handelte sich um einen Handwerker, der in dem Haus zu tun hatte, den Wert des Gemäldes - nach Eigentümer-Angaben 220.000 Schilling (16.000 Euro) - aber nicht annähernd abschätzen konnte. Er verscherbelte es um damals 1.200 Schilling an einen Altwarenhändler. (APA)