Wien - Der in der Wehrpflichtdebatte schwer unter Beschuss geratene Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) musste sich am Donnerstag seinen Kritikern aus den Reihen der Opposition sowie der ÖVP stellen. Hinter verschlossenen Türen fand am Vormittag der Verteidigungsausschuss des Nationalrats statt, am Nachmittag findet der Nationale Sicherheitsrat statt.

Darabos' Antrag auf einen Vortrag über seine umstrittenen Modelle wurde vom Ausschuss abgelehnt. Wie das Ö1-Mittagsjournal berichtete, lehnte die ÖVP die Präsentation mit dem offiziellen Hinweis ab, es gehe um eine Aussprache. "Wir lassen uns nicht neuerlich provozieren", so ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf im Mittagsjournal. Ein Antrag auf Ladung des von Darabos abgesetzen General Edmund Entacher fand ebenfalls keine Mehrheit.

Grüne bringen Misstrauensantrag ein

Die Grünen haben indes bei einer Pressekonferenz am Donnerstag angekündigt, dass sie bei der morgigen Sondersitzung des Nationalrats zur Wehrpflicht einen Misstrauensantrag gegen Verteidigungsminister Norbert Darabos einbringen werden. Auch FPÖ und BZÖ wollen gegen den Minister Stimmen. Der Verteidigungsminister sei nicht mehr handlungsfähig, begründete Parteichefin Eva Glawischnig. Scharfe Kritik übte sie an der neuerlichen Eskalation des koalitionsinternen Streits, für die sie aber auch das "politische Spiel der ÖVP" verantwortlich machte.

Kritik an Darabos dauert an

VP-Mandatar Michael Ikrath ließ sich vor der Sitzung des Verteidigungsausschusses eine Zustimmung zum Misstrauensantrag gegen Darabos bei der Nationalratssitzung morgen weiter offen und verlangte neuerlich die Wiedereinsetzung Entachers als Generalstabschef. Darabos habe heute die Chance, sich zu rechtfertigen. Derzeit genieße der Minister sein Vertrauen nicht, so Ikrath.

"Ich frage mich was bezweckt die SPÖ damit?"

Eine Zustimmung zum Misstrauensantrag schloss ÖVP-Klubobmann Kopf jedoch aus. "Wir werden unsere Meinung zur Vorgansgweise des Bundesministers in den letzten Wochen zum Ausdruck bringen, mehr aber nicht", sagt Kopf. Kritik übt er jedoch an dem SPÖ-Kurs. Die Regierung basiere auf einem Koalitionsübereinkommen, die SPÖ "verlässt nun einseitig die vor zwei Jahren getroffenen Vereinbarung". "Ich frage mich was bezweckt die SPÖ damit?", sagt Kopf. "Man müsste fast annehmen, dass die SPÖ es auf einen Bruch anlegt."

Scharfe Kritik übte auch der Grüne Peter Pilz. Der Minister habe das Militär ins Chaos gestürzt. Er möchte wissen, wie lange "wir das Stück Norbert allein zu Hause noch mitansehen müssen", so Pilz. Darabos selbst zeigte neuerlich Unverständnis für die Kritik an seiner Person. Dass er entgegen der Abmachung mit der ÖVP weiter Stimmung für die Abschaffung der Wehrpflicht macht, obwohl eigentlich zuerst über die Sicherheitsdoktrin verhandelt werden sollte, sieht er nicht als Provokation gegenüber dem Koalitionspartner.

Sondersitzung im Nationalrat

Darabos hat den Abgeordneten weitere Details seiner Bundesheer-Modelle übermittelt und will nun "in eine sachliche Diskussion" eintreten. Am späten Nachmittag muss sich der Ressortchef auch vor dem Nationalen Sicherheitsrat verantworten und am Freitag bei einer Sondersitzung im Nationalrat. 

Umstellung würde zehn Jahre dauern

Für Diskussionsstoff dürfte das von Darabos vorgelegte Papier über die Modellberechnungen sorgen. Daraus geht nämlich hervor, dass eine Umstellung auf ein Berufsheer zehn Jahre dauern wird und 5.400 Bediensteten abgebaut werden müssen. Enthalten ist in den Unterlagen auch die ursprünglich nicht veröffentlichte Präambel mit dem Hinweis, dass die "Bearbeitung der Modelle sowohl hinsichtlich der eingebundenen Experten als auch hinsichtlich der zeitlichen Vorgaben unter starken Einschränkungen erfolgt" ist und der Bericht "nur als Orientierung" und "nicht als abgeschlossene Planungsbearbeitung" verstanden werden kann.

Als "zentraler Problembereich" bei einer Umstellung wird die Frage der Rekrutierung von Soldaten formuliert. Die Modellberechnungen basieren nämlich auf einer "zeitlich überholten" Studie aus dem Jahr 1999. "Eine Verifizierung dieser Annahmen ist zwingend durch eine aktuelle Studie geboten", heißt es in der Präambel weiter. Außerdem müssten die "modellhaften Annahmen" vor einer Realisierung "auf ihre Gültigkeit geprüft werden" und die Aufgaben und Fähigkeiten erst auf Basis der derzeit in Bearbeitung stehenden Sicherheitsstrategie abgeleitet werden. 

Ein Drittel der Gebäude wird aufgelassen

Das Bundesheer-Modell von Darabos sieht auch massive Gebäude- und Kasernen-Schließungen vor. Es werden 29 von derzeit 100 Gebäuden (Kasernen, Amtsgebäude, etc.) aufgelassen, geht aus dem heute vom Minister vorgelegten Papier hervor. Von den Schließungen werden auch etliche Kasernen betroffen sein, wohl auch prominente. Diese Pläne werden bei den Landeshauptleuten, die an ihren Kasernen hängen, kaum auf Gegenliebe stoßen. Dem Vernehmen nach könnte es sogar sein, dass ein Bundesland, nämlich Vorarlberg, künftig über gar keine Kaserne mehr verfügt. (APA/red, derStandard.at, 3.2.2011)