Anreise & Unterkunft

Die günstigste Verbindung bietet China Airlines, drei mal pro Woche nonstop von Wien nach Taipeh. Zur Taroko-Schlucht in Hualien County am besten weiter mit dem Zug. Im Nationalpark selbst empfiehlt es sich, mit einem Reiseleiter unterwegs zu sein.

Foto: Mirjam Harmtodt

Hotels und Herbergen sind im Nationalpark dünn gesät. Herausragend ist das Silks Place in Shiou Lin. Empfehlung in Taipeh: Regent Grand Formosa, sehr zentral gelegen.

Foto: Regent Grand Formosa

Eines der luxuriösesten Thermalbäder ist die Villa 32 in Beitou bei Taipeh. Bis 25. April ist die Taipei International Flora Expo zu sehen. Danach wird das 92 Hektar große Areal in einen Naherholungspark ausgebaut.

Foto: Villa32

Entstanden ist die abenteuerliche Landschaft der Taroko-Schlucht durch die Verschiebung der tektonischen Platten.

Foto: Mirjam Harmtodt

Taiwan ist ein buntes und blühendes Paradies. Auf einer Fläche, die gerade einmal so groß ist wie Oberösterreich und Niederösterreich zusammen, entfaltet sich ein wilder Reigen aus Blättern, Blüten, Blumenmeer. "Kommen Sie", sagt Li-Yueh Chuang, die Reiseleiterin mit resolutem Ton: "Der Tag ist kurz und die Schlucht ist lang. Wir haben es eilig." Li-Yueh hat das Lächeln einer Seerose, doch ihre Entschlossenheit ist die eines hungrigen Karnivoren.

Der Ausflug in die Taroko-Schlucht an der Ostküste Taiwans beginnt mit einem Abstieg in die Tiefe. 150 Stufen auf einem wackeligen Stahlgerüst. Angewandte Desensibilisierung für Höhenverängstigte. Die stundenlange Wanderung geht über Stock und Stein, mitten durchs subtropische Klima, vorbei an roten Helikonien und farbenfrohen Orchideen wie aus dem Hollandblumen-Markt. Noch weiter unten, hineingefressen in ein fein liniertes Massiv aus Marmor und Granit, fließt der milchig weiße Shakadang. Für die unverwechselbare Farbe des Flusses sorgt der ausgespülte Kalk.

Pazifischer Feuerring

"Der Taroko-Nationalpark ist über sechs Millionen Jahre alt", sagt die quirlige Li-Yueh im Stechschritt, volles Tempo voraus, als wollte sie die Entstehungsgeschichte heute noch einholen. Entstanden ist die abenteuerliche Landschaft durch die Reibung der tektonischen Platten im Untergrund, denn Taiwan liegt unmittelbar auf dem Pazifischen Feuerring. Oder, mit den poetischen Worten der Reiseleiterin gesprochen: "Dort, wo sich die Philippinische Platte unter die Eurasische schiebt, klafft wie eine Wunde der Erde die 30 Kilometer lange Taroko-Schlucht. Kommen Sie! Kommen Sie!"

Die Farbenpracht verändert sich mit jedem Schritt. Keine Felsspalte ist so dürr, als dass nicht irgendwo noch eine rote Beere oder ein violetter Krokus aus den tiefen Ritzen lugen würde. Eine der interessantesten Pflanzen in dieser Gegend ist die weiße Kristallorchidee. Ein Spuk der Natur, denn die kleine, gespenstische Blume hat keinerlei Chlorophyll. Stamm und Blätter sind durchsichtig, als wären sie aus Glas.

"Die vielfältige Pflanzenwelt ist die schönste Visitenkarte Taiwans", meint Li-Yueh in einem kurzen Moment der Stille. Wie ein bunter Teppich breitet sich der blühende Saum über das subtropische Eiland aus. Die Potenziale des günstigen Klimas wurden schon früh erkannt. Seit dem 19. Jahrhundert ist Taiwan eine der wichtigsten Blumenindustrien Fernostasiens. Obwohl das Land mit 35.000 Quadratkilometern ziemlich klein ist, rangiert es unter den globalen Blumenexporteuren immerhin an 20. Stelle.

Taiwan produziert rund ein Drittel aller weltweiten Orchideen. Die größten Abnehmer sind Japan, Kanada und die USA. Laut dem Wirtschaftsmagazin Taiwan Panorama beträgt der jährliche Umsatz durch den Blumenexport rund 100 Millionen US-Dollar. "Das ist zwar nicht übermäßig viel", schreibt Chang Chiung-Fang, "doch einerseits befindet sich die Branche im Wachstum, und andererseits gibt es keine andere Industrie, die derart resistent gegen wirtschaftliche Einflüsse ist." Als in der ostasiatischen Finanzkrise 1997 die taiwanesische Computerchip- und Halbleiterproduktion in den Keller rasselte, zeigte sich die Blumenindustrie ob der ganzen Misere unbeeindruckt und wuchs in voller Blüte weiter.

"Unser größter Vorteil ist, dass wir dank des günstigen Klimas nicht auf Gewächshäuser angewiesen sind wie die meisten anderen Länder", meint Cheng-Ying Zheng, Marketingchef bei der Taiwan Floriculture Exports Association. "So gelingt es uns, billig zu produzieren und trotz der kleinen Umsatzzahlen im internationalen Vergleich immer noch konkurrenzfähig zu bleiben." Der Exportschlager: Schmetterlingsorchideen, hübsch und zärtlich rosarot. Sie machen rund ein Viertel der gesamten Blumenproduktion aus, Tendenz steigend.

Hinzu kommt, dass sich Taiwan nicht nur in der Hightech-Branche, sondern selbst in Blumenbelangen ziemlich experimentierfreudig zeigt. Immer wieder erblicken neue Züchtungen das Licht der Welt. So ist es etwa gelungen, von der ebenfalls beliebten Oncidium-Orchidee, die üblicherweise gelb oder rot ist, auch andere Farben zu entwickeln. Die taiwanesischen Kreuzungen sind weiß und grün. Die getunten Chocolate-Orchideen made in Taiwan wiederum haben einen ungleich süßeren und intensiveren Geruch als anderswo. Und für Coca-Cola hat man sogar einen eigenen Zimtstrauch entwickelt, bei dem der benötigte Bestandteil Cinnamaldehyd nicht nur in der Rinde vorkommt, sondern auch in den Zweigen und Blättern. Das macht die Produktion der schwarzen Limonade billiger.

"Aber natürlich kämpfen die Produzenten mit allen Mitteln um landwirtschaftliche Fläche", sagt Cheng-Ying. Zwei Drittel des Landes werden von den Bergen eingenommen. Nicht wenige davon ragen 3000, ja sogar 4000 Meter in die Höhe. "So spektakuläre, gleichzeitig aber unwirtliche Landschaften wie etwa die Taroko-Schlucht sind bei uns keine Seltenheit. Jeder freie Quadratmeter, den wir urbar machen können, ist daher ein wertvolles Gut."

Und während sich draußen auf den Feldern eine Orchidee neben die andere quetscht, wird in den Städten bereits eifrig die Werbetrommel gerührt. Die Blumenlobby ist stark. 111 Pflanzenorganisationen gibt es im ganzen Land. Immer wieder werden Blumenausstellungen organisiert, die die Besucher nicht nur mit Information locken sollen, sondern auch mit niederschwelliger Unterhaltung für Jung und Alt, mit multimedialen Laser-Shows und buntem Ramba-Zamba.

Der lauteste Versuch, den das Land je unternommen hat, um auf die prächtig gedeihende Blumenindustrie aufmerksam zu machen, ist die Internationale Flora-Expo in Taipeh. Bis zum Schließtag am 25. April werden acht Millionen Besucher erwartet. Im "Pavillon der Zukunft" erfährt man nicht nur Nützliches über exotische, endemische Pflanzen wie etwa die sogenannte Telegrafenpflanze (Codariocalyx motorius), die sich bei Lärmeinwirkung anfängt zu bewegen, sondern auch über neue Züchtungen im Bereich von Reis und Orchideen.

Der jüngste Clou ist eine Reissorte, die sogar direkt im Brackwasser angebaut werden kann. "Kommen Sie! Kommen Sie!" Der strenge Ruf der freundlichen Li-Yueh ist nicht zu überhören. "Wir müssen weiter, wir haben noch viel vor." Die Endstation auf der Flora-Expo (und das ist nicht nur wörtlich zu verstehen, man sehnt sich wieder nach Taroko) ist der so genannte Angel Life Pavilion, kuratiert von der Taipeher Nobelgaleristin Serina Lai. Es gibt Orchideen bis zum Abwinken: auf Bildern, Tellern und Teetassen, im Garten, im Knopfloch und im Haar. "Was soll ich Ihnen sagen?" Die esoterische Galeristin ringt um ihre Worte: "Für mich gibt es nichts Schöneres als eine Orchidee. Das ist meine Blumenkönigin." (Wojciech Czaja/DER STANDARD/Rondo/11.02.2011)