Wien - Die Regierung kann sich weiterhin nicht auf die längst fällige Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einigen. Eine Verhandlungsrunde am Montagabend verlief erfolglos, die entsprechenden Punkte wurden von der Tagesordnung für den Ministerrat morgen, Dienstag genommen. Die Begründung dafür klang je nach Regierungspartei unterschiedlich: Während die SPÖ die Kostenfrage als offen schildert und auf den begleitenden Rechtsschutz pocht, warnt die ÖVP vor Einschränkungen im Kampf gegen Internet-Kriminalität. Die Zeit drängt: Bereits im Frühling könnten Österreich wegen Säumigkeit Geldstrafen der EU drohen.

"Wir wollen die bestehenden Instrumente im Kampf gegen schwere Internet-Kriminalität auch weiterhin zur Verfügung haben."

Die ÖVP ist der Ansicht, dass mit dem vorliegenden Vorschlag - zuständiges Ressort ist jenes von SP-Infrastrukturministerin Doris Bures - bereits bestehende Möglichkeiten der Bekämpfung von Internet-Kriminalität eingeschränkt werden würden. Knackpunkt sei die Frage, bei welchen Delikten der Zugriff erlaubt sei, und die Bekämpfung von Kinderpornografie etwa könne erschwert oder gar unmöglich gemacht werden, warnte am Montagabend ein Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP). Das Infrastrukturministerium argumentiere hier mit Kosten, aber "wir wollen die bestehenden Instrumente im Kampf gegen schwere Internet-Kriminalität auch weiterhin zur Verfügung haben."

Das Infrastrukturministerium will auch gar nichts von Limitierung wissen: "Auf keinen Fall sollen Möglichkeiten eingeschränkt werden. Wir wollen nur den entsprechenden Rechtsschutz beim Zugriff", sagte eine Sprecherin zur APA. Unter dem Begriff der "schweren Straftat", wie er in der EU-Richtlinie steht, seien all diese gravierenden Delikte ja ohnehin zu erfasst. Dem Vernehmen nach soll die SPÖ als Grenze Delikte mit Höchststrafandrohung ab einem Jahr vorgeschlagen haben - womit auch Kinderpornografie erfasst wäre. Dies bestätigte das Justizministerium so nicht.

SPÖ warnt

Die SPÖ warnt jedoch wiederum davor, Richtlinie als Vehikel dafür zu verwenden, für andere Delikte den Zugriff zu öffnen. So habe die ÖVP auch urheberrechtliche Fragen ins Spiel gebracht, war zu hören - worunter man sich etwa die Verfolgung von Musikdownloadern vorstellen könnte. Dafür solle die Volkspartei aber bitte eigene Gesetze schreiben, anstatt solche Maßnahmen in die nationale Umsetzung einer Anti-Terror-Richtlinie zu verpacken, so die Botschaft der SPÖ.

Und die Kostenfrage? Strittig ist nach Darstellung aus SPÖ-Kreisen, wer die einmaligen Anschaffungskosten für Speichermedien - die bei den Telekom-Betreibern stehen müssen - übernehmen soll. 15 bis 20 Millionen Euro wurden der APA als Richtwert genannt. Das Infrastrukturministerium sieht sich dafür nicht zuständig, sei das Ganze doch eine sicherheitspolitische Maßnahme. Im Justizministerium indes hat man von Bures "bis heute keine haushaltsrechtskonforme Lösung vorgelegt" bekommen, hieß es trocken.

"Verfolgung von schweren Straftaten"

Mit der Vorratsdatenspeicherung sollen sämtliche Verbindungsdaten von Internet-, Telefon- und E-Mail-Anwendern ein halbes Jahr lang gespeichert werden - und zwar bei allen Teilnehmern, ohne Vorliegen eines konkreten Tatverdachts. Damit können die Behörden künftig feststellen, wer, wann, wie lange, von wo aus mit wem kommuniziert hat und welche Internet-Seiten er besucht hat. Verwendet werden sollen die Daten laut einer 2006 unter dem Eindruck u.a. der Terroranschläge von Madrid erlassenen EU-Richtlinie zur "Verfolgung von schweren Straftaten".

Österreich hätte die Vorratsdatenspeicherung bis 15. März 2009 umsetzen sollen und ist bereits einmal vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Säumigkeit verurteilt worden. Im Februar ist laut Infrastrukturministerium mit dem zweiten Mahnschreiben in dieser Sache zu rechnen. Ab dann läuft eine zweimonatige Frist. Ist die Umsetzung danach noch immer nicht erledigt, drohen Strafzahlungen, und zwar in Millionenhöhe. Dass die EU-Kommission mittlerweile schon wieder an eine Überarbeitung der Richtlinie denkt, hilft da nach Darstellung des Ministeriums auch nichts: So lange es keine neue gibt, ist die alte in Kraft und umzusetzen. (APA)

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