Blick auf Pisten und Snowpark bei der Idalpe, wo ein Dutzend Lifte zusammenstoßen. Im riesigen Gelände verlaufen sich die Massen.

Foto: Österreich Werbung/Niederstrasser

Ischgl hat 11.000 Gästebetten, die Hälfte auf Viersterneniveau. Die Silvretta-Arena bietet 41 Lifte und 238 Pisten-km. Anreise über Landeck.

Informationen:
www.ischgl.com
www.trofana-royal.at

Foto: Hotel Trofana Royal

Begeisterte Skifahrer stehen in Ischgl vor einem kniffligen Problem: Wie kann man das wahrscheinlich beste Skigebiet Österreichs genießen, ohne sich dem Dauertrubel der Ischgler Event- und Partykultur auszusetzen?

Oben auf dem Berg zwischen 1600 und 2900 Meter Seehöhe fällt das gar nicht so schwer. Die Massen, die täglich von den drei Seilbahnen aus dem Ort hinaufgekarrt werden, scheinen sich rund um die hochpreisige Gastronomie auf der Idalpe - das ist das Plateau, auf dem auch die Stars auftreten - oder auf der Alp Trida, dem Gegenstück auf der Schweizer Seite, zu ballen.

Zwei oder drei Liftfahrten weiter aber hat man die Pisten oft fast für sich allein und kann stundenlang die anspruchsvollen Abfahrten von der Greitspitze, dem Palinkopf oder hinab ins stille Fimbatal genießen. Dieses Ischgl ist ein sportliches Eldorado und hat auch für Free Rider und Geländefahrer ein Angebot, das dem nahegelegenen und dafür viel besser bekannten Arlberg gleichkommt.

Grenzenlose Berglandschaft

Die Lifte der Silvretta-Arena - 41 sind es an der Zahl - wurden im vergangenen Jahrzehnt so gut ausgebaut, dass weder beim Warten noch bei den Bergfahrten Zeit verlorengeht. Die Beschneiungssysteme reichen bis auf die höchsten Gipfel. Die fast grenzenlos wirkende Berglandschaft weit oberhalb der Baumgrenze, die bis ins Schweizer Duty-free-Paradies Samnaun reicht, lässt sich von Bergspitze zu Bergspitze praktisch ohne Abschnallen, ohne Ziehwege, ja fast ohne Schrägfahrten erleben. Hier oben ist Ischgl ein wahrer Traum.

Unten im Tal aber scheiden sich die Geister. Für die einen ist die Ballermann-Stimmung in den Après-Ski-Lokalen, den Discos und bis spät in die Nacht auch auf den Dorfstraßen genau das, was sie im Winterurlaub suchen. Seit Jahren setzt Ischgl auf die Zielgruppe der junggebliebenen Hedonisten zwischen 30 und 60, die für ein solches Urlaubserlebnis viel Geld springen lassen - bis zu 170 Euro am Tag ohne Hotel. Sie kommen aus München, Hamburg, Zürich Amsterdam und immer öfter aus Moskau. Bloß Wiener machen sich hier, anders als am Arlberg, rar.

Mit seinen Mega-Konzerten, die meist gen Saisonschluss Ende April stattfinden, seiner hochpreisigen Shoppingmeile und einer beeindruckend konsequenten Marketingstrategie ist das Bergdorf im Tiroler Paznauntal zum globalen Lifestyle-Symbol geworden, das sich von allen anderen Skiorten abhebt. "Relax if you can" lautet sein provokanter Werbeslogan. Aber was macht der Gast, der nach dem Skitag auch etwas Ruhe sucht?

Fünf-Sterne-Aushängeschild

Die teure Lösung bietet die Spitzenhotellerie im Ort, mit seinen 50 meist sehr gut ausgestatteten Vier-Sterne-Hotels, allen voran dem Trofana Royal, dem Fünf-Sterne-Superior-Aushängeschild von Ischgl. Dort taucht man ab in eine Welt riesiger Zimmer, luxuriöser Wellnesswelten und der unaufdringlich-eleganten Dreihaubenküche des Tiroler Kochstars Martin Sieberer, dessen Suppen genauso gut schmecken wie seine Fisch- und Fleischkreationen.

Das andere Ischgl ist auch hier nicht weit: In der "Trofana Alm" hinter dem Hotel ist Après-Ski-Schunkeln angesagt, im Keller lockt eine Riesen-Disco mit Table-Dancers in verschiedenen Enthüllungsstufen. Und selbst die besten Fenster schützen nachts nicht immer vor Gegröle von der Straße.

Wer weniger Geld ausgeben will, sucht sich eine Pension am Ortsrand oder im kleinen Nachbarweiler Mathon, wobei auch dort Niveau und Preise durchgehend hoch sind. Für sparsamere Familien bieten sich die Orte Kappl und See weiter unten im Tal an, die per Skibus mit der Silvretta verbunden sind. Die knausrigen Pendler zahlen allerdings rund 15 Prozent mehr für den Skipass als Urlauber mit Ischgl-Gästekarte. Dafür werden die Bergbahnen Kappl in Kürze via Rendlbahn mit St. Anton am Arlberg verbunden.

Für Ischgl hat sich der faustische Pakt mit dem neureichen Jetset finanziell ausgezahlt. Und wenn man bedenkt, wie viel die Bergbahnen jedes Jahr neu investieren - auch wenn Umweltschützer einige Projekte verhindern, sind für die nächsten Jahre zahlreiche Ausbauten geplant -, dann wird schnell klar, dass auch das Skigebiet das lukrative Rambazamba-Image braucht, um so gut zu bleiben. Vielleicht, denkt sich der Sportsfreund, ist das Partygetöse doch nicht so schlimm. (Eric Frey/DER STANDARD/Printausgabe/19.02.2011)