Amadou & Mariam bei ihrem Auftritt am Festival.

Mehr Bilder aus Mali gibt's in einer Ansichtssache.

Foto: Kathrin Schmidt

Jeder braucht mal eine richtige Auszeit. Einen Tapetenwechsel. Mein Freund und ich hatten jedenfalls schon ziemlich dringend einen nötig, weshalb wir uns entschlossen, unseren Urlaub für eine Reise nach Mali zu nützen. Um einen anderen Teil, ein anderes Gesicht Westafrikas zu erkunden. Aber vor allem auch, um einige unserer Lieblingsmusiker beim "Festival sur le Niger" in Ségou am Ufer des Nigers zu sehen und zu hören.

Die trockene Hitze Malis

Mali liegt nicht allzu weit von Sierra Leone entfernt. Von Freetown nach Bamako, Malis Hauptstadt, sind es nur etwas über 700 Kilometer. Luftlinie. Mali ist jedoch ganz anders als Sierra Leone. Weniger grün. Viel trockener. Und etwas heißer. Jedoch empfand ich die trockene Hitze Malis als eine angenehme Abwechslung zu Sierra Leones feuchtwarmem Klima, das einem (oder zumindest mir!) bei jeder kleinsten Bewegung die Schweißperlen auf die Stirn treibt.

Leider hat Mali in letzter Zeit aber auch mit nicht so guten Nachrichten von sich hören lassen. Anfang Jänner ging vor der französischen Botschaft in Bamako eine Bombe hoch, bei der aber glücklicherweise niemand getötet wurde. Seitdem, sowie seit der Ermordung zweier Franzosen im benachbarten Niger, haben viele Botschaften generelle oder partielle Reisewarnungen für Mali herausgegeben. Und auch die österreichische Botschaft rät von Reisen besonders in den Norden Malis, der in den vermuteten Aktionsradius der Al-Quaida im Islamischen Maghreb fällt, ab. Nach langem Zögern, einigem Hin und Her und besonders nach Gesprächen mit Freunden, die gerade erst von Mali zurückgekommen waren, entschlossen wir uns aber unseren Urlaub mehr oder weniger wie geplant durchzuführen. Jedoch aber auf eine Reise in den Norden Malis zu verzichten. 

Und wir sollten nicht enttäuscht werden. Vor Ort war von all der Aufregung nichts zu spüren und in keinem Moment während der zwei Wochen in Mali habe ich mich auf irgendeine Weise unsicher gefühlt. Wo wir auch hin kamen, trafen wir auf sehr freundliche und hilfsbereite Menschen, die allesamt sehr enttäuscht und auch verzweifelt aufgrund der Reisewarnungen waren - denn diese haben natürlich zu einem spürbaren Rückgang an Touristen, vor allem an französischen Touristen, geführt. Einige meinten auch, dass die Reisewarnungen viel mehr eine politische als eine wirkliche Sicherheitsfrage seien.

Ein Festival zum Schutz der Kultur

Auch beim Festival in Ségou wurde uns gesagt, dass normalerweise viel mehr Touristen aus dem Westen da seien. Obwohl ich mir aufgrund der ausgebuchten Hotels, dem regen Treiben in der Stadt und der verblüffend großen Anzahl an Holländern, Briten, Italienern und Amerikanern nicht ganz vorstellen kann - oder will -, wie "viel mehr" aussieht.

Aégou, die am Niger gelegene ehemalige Hauptstadt des Königreichs Bambara, ist ungefähr 250 Kilometer (oder fünf (!!) Stunden Busfahrt) von Bamako entfernt und verfügt über reiche künstlerische Traditionen. Um dieses Kulturerbe zu schützen und einen nachhaltigen Kulturtourismus sowie damit verbundene, nachhaltige Entwicklungen in der Region zu fördern, wurde 2005 "Le Festival sur le Niger" ins Leben gerufen, das neben Musik auch Tanz, Ausstellungen und traditionelle Kulturdarbietungen (wie Maskentänze) im Programm hat. Das Festival bietet nicht nur eine nationale und internationale Plattform für die aus Mali beziehungsweise Westafrika stammenden Künstler, sondern darüber hinaus auch einen Rahmen für Tagungen und Diskussionsveranstaltungen zu verschiedenen Themen der Entwicklungspolitik.

Ein Fest mit nachhaltiger Wirkung

Neben einigen kleinen Hotels und Gästehäusern kann man während des Festivals auch direkt neben der Bühne auf einem Schiff im Niger oder bei ortsansässigen Familien übernachten und somit diesen ein zusätzliches Einkommen neben ihren Alltagsjobs ermöglichen. Jegliche wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklungen beschränken sich jedoch - ganz im Sinne der Nachhaltigkeit - nicht nur auf die Zeit des Festivals. Die Festivalorganisation hat auch ein Zentrum zur Weiterentwicklung verschiedener Kunsthandwerke, ein Musikstudio und andere lokale Entwicklungsprojekte initiiert.

Die Kombination aus Wohnen auf einem Schiff, unendlich vielen Stunden am Flussufer, der beruhigenden Wirkung von Wasser, Spaziergängen am Niger sowie dem reichhaltigen Angebot an verschiedensten Kulturveranstaltungen, machten die Tage in Ségou für mich sehr interessant, aber auch wirklich entspannend. Die Highlights unseres Aufenthalts in Ségou waren aber sicherlich die Auftritte von Amadou & Mariam (den Superstars aus Mali die spätestens seit ihrem Album mit Manu Chao auch in Europa sehr bekannt sind), Oumou Sangaré, Toumani Diabaté, Vieux Farka Touré (alle auch aus Mali), Ismael Lo (aus Senegal) und Femi Kuti (aus Nigeria). Für jeden Musikliebhaber, aber vor allem für Liebhaber afrikanischer oder sogenannter World Music, ist "Le Festival sur le Niger" ein besonderes Erlebnis, das vor allem aufgrund des Festivalrahmens und der Lokalität absolut unvergesslich bleibt. (Kathrin Schmidt)